Trotz Taskforce-Forderung
BAG will vorerst keine Maskenpflicht im ÖV

Trotz steigender Infektionszahlen und Warnungen aus der Wissenschaft verzichtet das Bundesamt für Gesundheit vorerst auf eine Maskenpflicht für den ÖV.
Publiziert: 28.06.2020 um 16:06 Uhr
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Aktualisiert: 29.06.2020 um 08:32 Uhr
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Wer im Bus oder Zug den Abstand von zwei Metern nicht einhalten kann, soll eine Maske tragen, rät das BAG.
Foto: keystone-sda.ch

Trotz der steigenden Zahl von Neuansteckungen mit dem Coronavirus verzichten die Behörden zunächst auf eine Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr. Während am vergangenen Montag noch 18 neue Fälle gemeldet wurden, waren es am Samstag 69 und am Sonntag 62.

Beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) wird die steigende Fallzahl sehr ernst genommen, wie Sprecher Yann Hulmann am Sonntag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage sagte. Die wichtigsten Schutzregeln blieben die Hygiene und das Abstandhalten. «Zurzeit bleibt das BAG bei der dringenden Empfehlung, im öffentlichen Verkehr eine Maske zu tragen, wenn es viele Leute hat und der Abstand nicht eingehalten werden kann», sagte Hulmann. «Die Möglichkeit eines (künftigen) Maskenobligatoriums ist jedoch nicht ausgeschlossen.»

Empfehlung funktioniert nicht

Für Lukas Engelberger, Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK), funktioniert das Maskentragen im öffentlichen Verkehr noch ungenügend. Doch das Bewusstsein wachse, sagte er zu SonntagsBlick. «Wir unterstützen die Maskenempfehlung vollumfänglich», so Engelberger. «Aber wenn nötig behalten wir uns eine Pflicht vor.» Die Kantone könnten eine Maskenpflicht anordnen. Das müsse aber mit dem BAG abgesprochen sein und wäre an eine Verschärfung der Lage gebunden.

Auch Matthias Egger, Leiter der Covid-19-Task-Force des Bundes, sieht die Entwicklung der Zahlen mit Sorge. Die Reproduktionszahl liege bei 1,28 twitterte Egger am Samstag. Eine Reproduktionszahl über 1 sei ein Alarmzeichen – das heisse, dass sich das Virus weiter ausbreite, sagte Egger Radio SRF. Er mache sich Gedanken darüber, was die neusten Öffnungsschritte mit sich bringen würden, denn die jetzige Reproduktionszahl sei auf frühere Öffnungsschritte zurückzuführen. Obwohl die Testaktivität deutlich zugenommen habe, seien keine Infektionsherde entdeckt worden.

Ferien in der Schweiz

GDK-Präsident Engelberger ist besorgt wegen des Tourismus. «Wir wissen nicht, wie sich die Lage entwickelt, deshalb ist weiter Vorsicht geboten», sagte er dem SonntagsBlick. Die Politik müsse immer wieder die Hygienemassnahmen in Erinnerung rufen.

Für Bundesrat Alain Berset sind Ferien in der Schweiz derzeit eine gute Idee. «In dieser unsicheren Situation ist es sicher keine schlechte Idee, in den Sommerferien in der Schweiz zu bleiben», sagte Berset im Hinblick auf die Feriensaison in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF.

Mit Blick auf Reisen prüft das BAG, ob und wann grenzsanitarische Massnahmen erforderlich sind. Da es sich um eine weltweite Pandemie handle, sei die Koordination zwischen den Staaten wichtig, sagte BAG-Sprecher Hulmann. Für die Schweiz sei insbesondere das Vorgehen der EU-Staaten gegenüber Drittstaaten wichtig.

Erster Superspreader-Event

Wie unberechenbar Ansteckungen mit dem Coronavirus sind, zeigte der Fall im Kanton Zürich, wo es zum ersten «Superspreader-Event» kam. Ein Mann, der in einem Club in Zürich zu Gast war, wurde positiv auf Covid-19 getestet. Er hatte offenbar fünf weitere Personen angesteckt, die mit ihm im Club waren. Sie wurden ebenfalls positiv auf Covid-19 getestet, wie die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich am Samstag mitteilte.

Nach wie vor gross ist das Interesse an der Corona-Warn-App. Gemäss den am Sonntag publizierten aktuellsten Zahlen des Bundesamts für Statistik haben sich inzwischen knapp 810'000 Nutzerinnen und Nutzer der Swiss-Covid-App angemeldet 60'000 App-Nutzerinnen und -Nutzer hinzugekommen.

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