Tausende demonstrierten, Dutzende Vereine entstanden: Covid-Skeptiker und Massnahmengegner wurden während der Pandemie zur neuen politischen Kraft. Im Nu waren auch die Unterschriften für ein Referendum beisammen, ein zweites folgte. Doch nun ist die Maskenpflicht Geschichte, auch Ungeimpfte dürfen wieder in die Beiz. Deshalb harzt es nun bei der Unterschriftensammlung für ein drittes Covid-Referendum.
Von den 50'000 benötigten Unterschriften waren am Donnerstag, einen Monat vor Ende der Sammelfrist, rund 30'000 beisammen. In der letzten Woche waren rund 4000 hinzugekommen. «Wenn es so weitergeht, wird das ein Fotofinish», sagt Mass-Voll-Chef Nicolas Rimoldi (28). «Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass das Ende der Massnahmen nicht das Ende des Covid-Gesetzes war.»
Massnahmengegner kränkeln
Auch Roland Bühlmann (50), Präsident der Freunde der Verfassung, gibt zu: «Es war schwieriger als erwartet, aber ich gehe davon aus, dass es klappt.» Die Bewegung der Massnahmengegner kränkelt. In der Führung einiger Gruppen kam es zu Streitigkeiten. Ende letzten Jahres trennten sich die Freunde der Verfassung von zwei Vorstandsmitgliedern. Bei den Freiheits-Trychlern streiten zwei Fraktionen um die Vorherrschaft.
Was bleibt von der Aufbruchstimmung? Was wird aus den Vereinen – jetzt, wo das Thema Corona praktisch vollständig aus dem Leben der Bürgerinnen und Bürger verschwunden ist? Massnahmengegner und Covid-Skeptiker bezeichnen sich selbst lieber als Bürgerrechtsbewegungen. Sobald ihr Referendum abgeschlossen ist, steht bereits die Souveränitäts-Initiative bereit.
Die hat wie das Covid-Referendum ihren Ursprung bei den Freunden der Verfassung und bei Mass-Voll und möchte nationale Souveränität über völkerrechtliche Verträge stellen. Auslöser war ein weltweites Pandemie-Abkommen. Mit ihren Ursprüngen haben die Covid-Skeptiker also nicht gebrochen. Sie suchen aber neue Themen. So rufen sie für den 11. März zu einer Russland-freundlichen Friedensdemo in Bern auf.
Sie fischen im Wähler-Teich der SVP
Die Zürcher Wahlen zeigten, dass die Bewegung politische Chancen hat, wenn auch geringe. Die Liste des einschlägig bekannten Vereins Aufrecht holte 2,15 Prozent der Wählerstimmen; sie scheiterte einzig an der Drei-Prozent-Hürde. Bei den Wahlen im Herbst könnte diese Formation in Zürich einen Sitz im Nationalrat holen – gerade wenn sie eine Listenverbindung mit der Kleinpartei EDU einginge.
Für die SVP wäre es eine Ohrfeige. Lange lautete das Credo der Volkspartei: «Keine Partei rechts der SVP.» Doch mit Aufrecht fischt nun eine neue Bewegung im selben Wählerteich. SVP-Nationalrat Roger Köppel (57) orakelte bereits in seiner Sendung «Weltwoche Daily»: «Sie haben verhindert, dass die SVP mehr Stimmen gewinnen konnte.»
Andere in der Partei sehen die Sache entspannter. «Wir gehen schon davon aus, dass gewisse Wählerstimmen bei uns verlorenen gegangen sind», gibt Domenik Ledergerber (35) zu, Präsident der kantonalen Sektion. Doch Aufrecht stehe trotz gewisser Überschneidungen nicht rechts der SVP. Priorität habe klar eine Listenverbindung mit FDP und Mitte. «Aber wir prüfen alle Möglichkeiten. Wir werden sicher auch mit Aufrecht das Gespräch suchen», so Ledergerber.