Der Initiativtext ist viermal so lang wie dieser Artikel. Um mehr als fünf Seiten wollen die Köpfe hinter der sogenannten Aufarbeitungs-Initiative die Bundesverfassung ergänzen. Dabei lässt sich die Hauptforderung in einem Satz zusammenfassen: Der Bund soll ein Spezialgericht schaffen, um angeblich begangene Vergehen und Verbrechen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu verfolgen.
Schon im Sommer 2021 haben Corona-Skeptiker und Massnahmen-Gegner die Volksinitiative angekündigt. Ende Monat soll es nun mit der Unterschriftensammlung losgehen – über ein Jahr später als geplant. Der Grund für die Verzögerung: Die Bundeskanzlei hatte knapp anderthalb Jahre gebraucht, um den ausufernden Initiativtext zu prüfen und auf Französisch und Italienisch zu übersetzen. Normalerweise brauchen die Beamtinnen und Beamten dafür gut drei Monate. Verzögert hat das Ganze auch, dass die Initianten den Text mehrfach nachträglich nachgebessert haben. Ursprünglich war er noch länger.
Die Bundeskanzlei sagt auf Nachfrage nicht, wie viel mehr Arbeit die Aufarbeitungs-Initiative machte als ein durchschnittliches Volksbegehren. Man gebe grundsätzlich keine Auskunft über Initiativen, die noch nicht offiziell publiziert worden sind.
Er vergleicht Berset mit Kriegsverbrechern
Hinter der Initiative steckt ein Komitee, von dem bisher nur ein Mitglied aus der Anonymität getreten ist. Patrick Hofer ist laut eigenen Angaben IT-Unternehmer und war in der Szene der Massnahmengegner aktiv. Gemeinsam mit anderen hatte Hofer unter anderem eine Strafanzeige gegen die Zürcher Bildungsdirektorin Silvia Steiner (64, Mitte) wegen der zeitweise geltenden Maskenpflicht an Schulen eingereicht.
Fragen zu seiner Person und den anderen Mitgliedern des Komitees will er auf Anfrage von Blick nicht beantworten. Finanziert werde die Initiative durch Spenden und Freiwilligenarbeit, sagt er.
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«Verantwortliche müssen zur Rechenschaft gezogen werden»
Öffentlich zu Wort gemeldet hat sich Hofer 2021 an einer Corona-Demo in Chur GR. «Es braucht eine Aufarbeitung. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden», rief er aufgebracht ins Mikrofon. Was er damit meint, machte er mit einer Bildmontage klar, die er in einem massnahmenkritischen Telegram-Kanal gepostet hat. Zu sehen sind die Nürnberger Prozesse zur Verfolgung der im Zweiten Weltkrieg begangenen Kriegsverbrechen. An der Stelle eines Heeresoffiziers Hitlers sieht man Gesundheitsminister Alain Berset (50).
Die Initianten sind unter anderem überzeugt, dass die Corona-Massnahmen nicht Todesfälle verhindert, sondern vielmehr viele Leben gekostet hätten. Die Behörden würden zudem, so der Vorwurf der Corona-Skeptiker, das wahre Ausmass von Impfschäden verschleiern.
Unterschriftenbogen so gross wie ein Tischset
Angesichts der Tatsache, dass Corona bei den meisten Menschen längst aus dem Fokus gerückt ist, dürfte es für die Initianten sehr schwer werden, die nötigen 100'000 beglaubigten Unterschriften zusammenzubekommen. Massnahmenkritische Organisationen wie Mass-Voll oder die Freunde der Verfassung sind seit dem Pandemie-Ende praktisch in der Bedeutungslosigkeit versunken.
Erschwerend kommt der Monsterumfang der Initiative hinzu. Auf den Unterschriftenbögen, das ist Vorschrift, muss immer der ganze Initiativtext abgedruckt sein – damit die Bürger wissen, wofür sie ihre Unterschrift geben. Im vorliegenden Fall bedeutet das: Der Unterschriftenbogen ist so gross wie ein Tischset – beidseitig bedruckt. Hofer schrieb seinen Anhängerinnen und Anhängern jüngst auf Telegram, dass es aufgrund der Extragrösse leider nicht möglich sei, die Bögen selbst auszudrucken.