Trotz illegaler Trauungen im Haus der Religionen
Bern zahlt weiter Subventionen

Im Berner Haus der Religionen – einem Vorzeigeort der Toleranz und Integration – hat ein Imam illegale Trauungen durchgeführt. Im Raum steht der Verdacht auf Zwangsheiraten. Die Verantwortlichen sind alarmiert, sofortige Konsequenzen gibt es nicht.
Publiziert: 16.11.2022 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 16.11.2022 um 21:44 Uhr
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Im Berner Haus der Religionen kam es zu verbotenen Trauungen.
Foto: Keystone
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Sermîn FakiPolitikchefin

Kam es im Berner Haus der Religionen zu Zwangsheiraten? Der Verdacht liegt nahe. Sicher ist: Ein Imam hat in mindestens fünf Fällen religiöse Trauungen durchgeführt, was an sich illegal ist, wenn zuvor keine Hochzeit auf dem Zivilstandsamt stattgefunden hat. Recherchen von SRF haben zudem zu einer Frau geführt, die in ihrem Fall von einer Zwangsheirat spricht.

Sowohl das Haus der Religionen als auch der Muslimische Verein zeigen sich schockiert und verweisen darauf, dass der Imam, der die Zwangsehen durchgeführt haben soll, weder dem Haus noch dem Verein bekannt sei und auch zu keiner Zeit irgendeine Funktion in der Moschee gehabt habe. «Wir werden prüfen, welche Massnahmen nötig sind, um den Missbrauch unserer Moschee künftig zu verhindern», teilt der Verein mit.

Haus der sehr offenen Türen

Nur: So einfach ist das nicht. Karin Mykytjuk, Geschäftsleiterin des Hauses der Religionen, verweist darauf, dass das Haus und damit auch die Religionsräume frei zugänglich seien. «Auch Kirchen sind offen und können nicht alles kontrollieren, was in ihnen geschieht», sagt sie. «Es ist nicht möglich, dass immer eine verantwortliche Person anwesend ist.»

Nun aber prüfe man Massnahmen für mehr Kontrolle und Überwachung der Räume. Ein Entscheid, ob man auch Strafanzeige einreiche, sei noch nicht gefällt worden.

Von Graffenried erwartet schnelle Massnahmen

Konsequenzen für das Haus der Religionen haben die Vorfälle vorerst nicht. Die Stadt Bern, die dieses jährlich mit 300'000 Franken unterstützt, will die Subventionen nicht einstellen. «Der Leistungsvertrag umfasst nicht die im Haus beheimateten Religionsgemeinschaften, sondern Leistungen, die im öffentlich zugänglichen Bereich erbracht werden», begründet Stadtpräsident Alec von Graffenried (60) gegenüber Blick. Dazu gehörten die Organisation von grösseren Anlässen wie der Nacht der Religionen, Podiumsdiskussionen und Ausstellungen.

Zur Tagesordnung übergehen will von Graffenried aber nicht: «Selbstverständlich erwartet die Stadt Bern, dass der Verein Haus der Religionen die Einhaltung der Gesetze sicherstellt.» Die eingemieteten Religionsgemeinschaften müssten rasch über die gesetzlichen Grundlagen informiert werden. Zudem fordere die Stadt, dass offen und transparent über Ergebnisse der Erkundigungen und Massnahmen informiert werde. «Eine Zwangsheirat ist ein Offizialdelikt», mahnt der Stadtpräsident.

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