Trotz der grossen Hochwasser der letzten Jahre wollen die Kantone Waadt, Freiburg, Neuenburg, Bern, Solothurn, Aargau und der Bund derzeit keine dritte Juragewässerkorrektion. Stattdessen setzen sie auf lokale Schutzmassnahmen, bessere Warnungen und Zusammenarbeit.
Das teilten die sechs Kantone und das Bundesamt für Umwelt (Bafu) am Freitag nach einem Treffen von Regierungsmitgliedern und Bundesvertretern mit. Dieses fand in Nidau BE statt. Dort zogen die Kantons- und Bundesvertreter Bilanz zum Hochwasser von Mitte Juli 2021, das in den sechs Kantonen und in anderen Landesteilen für grosse Schäden sorgte.
«Immense Kosten»
Eine Seeländer Bauernvereinigung rief 2018 die Behörden auf, eine dritte Juragewässerkorrektion zu planen. Dies wegen der sich häufenden Wetterextreme. Kurz darauf wurde diese Idee an einer «Landsgemeinde» von mehr als 350 Gemeinde- und Interessenvertretern breit diskutiert.
Für die in Nidau versammelten Kantons- und Bundesvertreter würde eine dritte Juragewässerkorrektion aber «immense Kosten» verursachen und stünde «in keinem Verhältnis zum Nutzen».
Das regulierbare System der Juragewässerkorrektion habe sich bewährt, kamen Expertinnen und Experten in ihren Berichten zum Hochwasser im Jahr 2021 zum Schluss. Grossräumige Überschwemmungen wurden vermieden, wie die Regierungsvertreterinnen und Regierungsvertreter sowie das Bafu in ihrer Schlusserklärung festhielten. Das System sei jedoch an seine Grenzen gestossen.
Unwetterschäden 2021 beliefen sich auf 450 Millionen Franken
Im Jahr 2021 haben Unwetter in der Schweiz Schäden in der Höhe von 450 Millionen Franken verursacht. Es handelt sich dabei um den höchsten Wert seit 2007. Hauptursache waren die Überschwemmungen im Sommer.
Die grössten Schäden wurden in Cressier NE am 22. Juni 2021 verzeichnet. Aber auch im Berner Jura und den Baselbieter Bezirken Waldenburg und Sissach am 23. Juni, in Vordemwald AG am 24. Juni. Beträchtliche Schäden entstanden ebenfalls ab Mitte Juli in den Anliegergemeinden der Jurarandseen. Grund war die konstant niederschlagsreichen Witterung.
Die erste Juragewässerkorrektion in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte zum Ziel, Sumpfgebiete im Seeland trockenzulegen und diese für die Landwirtschaft nutzbar zu machen. Eine der Hauptmassnahmen dafür war der Bau des Hagneckkanals, der die Aare von Aarberg BE direkt in den Bielersee zu führt.
Mit der zweiten Juragewässerkorrektion kann das Wasser in den sechs Kantonen reguliert werden. Der Bieler-, Neuenburger- und Murtenseee dienen dabei als Ausgleich, denn ihr Wasserpegel kann dank des Wehrs in Port BE gehoben oder gesenkt werden. Diese Korrektion erfolgte in den Jahren von 1962 bis 1973.
Bedürfnisse der Kantone berücksichtigen
Um grosse Überschwemmungen in den Kantonen Solothurn und Aargau zu verhindern, wurden im Jahr 2021 die Ufergebiete der drei Seen überschwemmt. Diese Überschreitung der Hochwassergrenzen der drei Seen sei nicht zu vermeiden gewesen, hiess es am Freitag. Es entspreche auch dem Solidaritätsgedanken der Juragewässerkorrektion, die Bedürfnisse aller Kantone zu berücksichtigen.
Im Jahr 2007 waren die Anlieger an der Aare unterhalb des Bielersees von Überschwemmungen stärker betroffen, als jene an den Jurarandseen. In der Zwischenzeit wurden zwischen Olten SO und Aarau an der Aare Massnahmen zum Schutz vor Hochwasser umgesetzt, wie die zuständige Regierungsrätin des Kantons Solothurn sagte.
Regelmässiger Erfahrungsaustausch zwischen Kantonen
Solche lokale Massnahmen müssten umgesetzt werden, um künftig die Schäden zu begrenzen. Dafür seien die Kantone, Gemeinden und Private zuständig. Die Warneinrichtungen sollten auch laufend verbessert und ergänzt werden, war dem Communiqué zu entnehmen.
Die sechs Kantone und der Bund wollen ihre Zusammenarbeit auf Regierungsstufe weiterführen und sich künftig regelmässig zu einem umfassenden Erfahrungsaustausch treffen. Gemäss Mitteilung könnten als Folge der Klimaerwärmung die Hochwasser sogar häufiger und grösser werden.
(oco/SDA)