Trick funktioniert immer wieder
Die Betrugsmasche der Fake-Päcklidiebe

In der Schweiz werden viele Päckli geklaut. Das nutzen Diebe nun sogar für sich: Sie melden ein Paket als gestohlen, obwohl es eigentlich angekommen ist – und müssen nicht zahlen. Eine vorgeschlagene Gesetzesänderung könnte die Betrugsmasche sogar noch begünstigen.
Publiziert: 16.07.2024 um 12:36 Uhr
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Aktualisiert: 16.07.2024 um 17:27 Uhr
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In der Schweiz wird immer mehr geklaut, auch immer mehr Pakete kommen weg.
Foto: Keystone
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Céline ZahnoRedaktorin Politik

In der Schweiz wird immer mehr geklaut. Im Jahr 2023 wurden 24'252 Ladendiebstähle verzeichnet, das sind 23 Prozent mehr als im Vorjahr. Und auch vor Hauseingängen machen die Diebe keinen Halt. Die Zahl der Paketdiebstähle hat sich seit 2019 verdreifacht. Das meldete die Axa-Versicherung Ende letztes Jahr.

Durch eine Abstellgenehmigung können Pöstler oder Kuriere die Päckli nämlich einfach bei der Haustüre oder im Milchkasten ablegen, wenn jemand nicht zu Hause ist. Ein gefundenes Fressen für Diebe.

Betrugsmasche Fake-Diebstahl

Die vielen Päckli-Diebstähle werden nun aber ausgenutzt. Und zwar mit einer Betrugsmasche für noch mehr Diebstähle. Sie funktioniert folgendermassen: Der Kunde öffnet die Haustüre nicht, das Paket wird beim Hauseingang abgestellt und der Kunde meldet es dann als gestohlen – obwohl er das Paket eigentlich erhalten hat. Der Lieferant übernimmt dann die Kosten und der Kunde muss nicht dafür bezahlen.

Der Onlinehändler Galaxus räumt ein, dass dem Unternehmen diese Betrugsmasche bekannt ist. Man habe diverse Sicherheitsmassnahmen im Einsatz, die helfen, kriminelles Vorgehen zu erkennen und verhindern. Die Mitarbeitenden würden etwa geschult und es gebe bei der Meldung von Paketverlust klar definierte Prozesse.

Trick funktioniert wiederholt

Tiefer lässt sich der Onlineanbieter nicht in die Karten blicken – aus Sicherheitsgründen. Und Zalando will sich erst gar nicht zu Diebstahlmethoden oder deren Häufigkeit äussern.

Allerdings weiss Blick von mehreren Fake-Päcklidieben, welche die Methode bei Zalando angewendet haben. Und ganz so gut lässt sich die Masche wohl nicht unterbinden. In den bekannten Fällen hat der Trick über längere Zeit wiederholt funktioniert.

Zahlen zur Verbreitung der Betrugsmasche gibt es keine. Allerdings schrieb Digitec Galaxus 2022 auf Anfrage von SRF, dass beim Unternehmen jährlich 0,2 bis 0,3 Prozent der verschickten Pakete verloren gehen oder gestohlen werden. Das sind fast doppelt so viele, wie die Post ausweist. Die Pakete des grössten Schweizer Onlinehändlers könnten also bei Dieben überdurchschnittlich beliebt sein oder die Fake-Päcklidiebe treiben die Zahlen ebenfalls nach oben.

Nationalrätin fordert Gesetzesänderung

Die Kunden von Grosslieferanten können eigentlich nur dank der Kulanz der Onlinehändler tricksen. Galaxus und Zalando übernehmen bei gemeldetem Paketdiebstahl bis zu einem gewissen Warenwert die Kosten. Obwohl sie das eigentlich gar nicht müssten. In der Schweiz ist der Verkäufer nämlich nicht mehr haftbar, sobald er die Ware versendet haben.

Grünen Nationalrätin Sophie Michaud Gigon (49) will diese Regelung nun ändern und an diejenige der EU anpassen. Neu soll der Versandhandel haften, bis die Ware an die Kunden geliefert wurde. Dazu hat sie einen Vorstoss eingereicht.

Begünstigt Diebe und auch Diebstahlopfer

Das würde das Spiel der Fake-Päcklidiebe natürlich nochmals erleichtern. Sie wären für ihre Masche nicht mehr auf die Kulanz der Grosshändler angewiesen.

Allerdings würde die neue Regel auch denen zugutekommen, die tatsächlich von Paketdiebstahl betroffen sind. Und das sind einige: 2022 gingen der Post rund 200'000 Pakete verloren, wie SRF schrieb. Viele blieben wohl auf den Kosten sitzen.

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