Im Abstimmungskampf um die Verrechnungssteuer-Reform liegen die Nerven blank. Die Linke will nach dem Stempelsteuer-Sieg einen weiteren Erfolg einheimsen, die Bürgerlichen eine weitere Niederlage verhindern. In der ersten SRG-Trendumfrage haben die Befürwortenden mit 49 Prozent Zustimmung gegen 35 Prozent Ablehnung zwar die Nase vorn, doch das Rennen ist noch lange nicht gelaufen. Denn die Unentschlossenen tendieren am Schluss eher zu einem Nein. Es dürfte also knapp werden.
Umso mehr ärgert sich SVP-Nationalrat Thomas Matter (56, ZH) über die Nein-Kampagne der Linken. Ein entscheidendes Argument der Gegnerinnen und Gegner: «Die Reform ist eine Einladung für Steuerkriminelle», wettert die SP. Grossanlegern und Oligarchen werde es einfach gemacht, «bei den Steuern zu betrügen».
Vater der Vorlage
Ein Vorwurf, den Matter schon fast persönlich nimmt. Denn er ist der eigentliche Vater der jetzigen Verrechnungssteuer-Reform, welche er vor Jahren mit einem Antrag in der nationalrätlichen Wirtschaftskommission angestossen hat.
«Mit dieser Vorlage gibt es keinen Steuerkriminellen mehr oder weniger», sagt Matter. Wer als Schweizer Steuern hinterziehen wolle, weiche jetzt schon ins Ausland aus, wo es keine Verrechnungssteuer gebe. «Da wird sich nichts ändern.» Und bei Ausländern gelte der internationale Informationsaustausch. «Sie werden schon lange nicht mehr durch das Bankgeheimnis geschützt.»
Finanzgeschäfte in die Schweiz holen
Matter geht es vielmehr um die Stärkung des einheimischen Wirtschaftsplatzes. Er will die Verrechnungssteuer auf inländische Obligationen von der Verrechnungssteuer weghaben, damit solche Finanzgeschäfte in der Schweiz statt im Ausland über die Bühne gehen.
Viele Firmen würden ins Ausland ausweichen, weil es dort ohne komplizierte Verrechnungssteuer geht. Dabei gehe es um Obligationen im Gegenwert von 470 Milliarden Franken, die von Schweizer Unternehmen im Ausland ausgegeben worden seien, so Matter. «Vor allem in Luxemburg, London oder den USA. Einen Teil davon – oder möglichst das ganze Geschäft – wollen wir in die Schweiz zurückholen und damit Wertschöpfung in der Schweiz schaffen.»
Mehr zur Verrechnungssteuer-Reform
Würden die Obligationen über den Schweizer Kapitalmarkt emittiert, schaffe dies Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. «Innert weniger Jahre nimmt der Staat damit mehr ein als durch den Wegfall der Verrechnungssteuer», ist Matter überzeugt. «Die Steuerverwaltung schätzt, dass bis in fünf Jahren 350 Millionen Franken jährlich zusätzlich an Gewinnsteuern generiert werden, in zehn Jahren sogar 490 Millionen Franken jährlich.»
Und würde sich auch Banker Matter ein Stück des Kuchens holen? «Als kleine Bank haben wir keine Chance, in diesem Geschäft mitzuverdienen», winkt der Verwaltungsratspräsident der Helvetischen Bank ab.
Niederlage würde schmerzen
Trotzdem kämpft er an vorderster Front für ein Ja zu Verrechnungssteuer-Reform am 25. September. Auch wenn er weiss, dass er mit einer Niederlage rechnen muss – die ihn auch schmerzen würde.
«Es ist eine komplexe Vorlage, im Zweifel stimmen viele Menschen mit Nein», analysiert Matter. «Das nutzt die Linke gnadenlose aus, indem sie mit veralteten Zahlen hantiert.»
Dabei ruft er in Erinnerung: «Noch jede Steuerreform hat beim Staat für Mehreinnahmen gesorgt.»