Auf einen Blick
- SVP-Nationalrat Addor beobachtet US-Wahl in Las Vegas
- Stimmung in Wahllokalen ruhig, trotz hitziger Kampagne
- Addor besuchte 17 Wahllokale mit einem CDU-Kollegen
Am US-Wahltag ist auch SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (60) mit dabei. Er verfolgt die Präsidentschaftswahl zwischen Donald Trump (78) und Kamala Harris (60) als Wahlbeobachter für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE). 2020 hatte er sich für Trumps Wiederwahl ausgesprochen. Als Wahlbeobachter sei er aber neutral. Für Blick zieht er ein erstes Fazit.
Blick: Trumps Rückkehr ins Weisse Haus ist fix. Wie ist die Stimmung in den Strassen?
Jean-Luc Addor: Es ist 23.15 Uhr hier und ich hatte einen langen Tag. Ich weiss also nicht, wie die Stimmung momentan ist. Aber Las Vegas ist auch ein wenig eine künstliche Welt, mein Hotel ist inmitten der ganzen Spielautomaten.
Wo und wie haben Sie den Wahltag verfolgt?
Ich war in Las Vegas unterwegs mit einem Kollegen der CDU-Partei aus dem Deutschen Bundestag. Wir sollten am Wahltag 20 Wahllokale besuchen – das ist fast unmöglich, wir haben letztlich 17 geschafft. Dort haben wir kontrolliert, ob Aktivisten vor den Wahlbüros waren, ob es im Inneren ruhig und gut organisiert war, ob das Wahlgeheimnis garantiert wurde und ob es genug Personal in den Büros gab.
Lief nach ihrer Beobachtung an den Urnen alles fair ab?
Ja, was wir gesehen haben, war gut organisiert. Die wenigen Zwischenfälle, die wir beobachtet haben, waren oft darauf zurückzuführen, dass die Abstimmung in Nevada elektronisch durchgeführt wurden. Damit hatten ein paar Leute ein wenig Mühe. Aber generell war alles in Ordnung.
Auch noch andere Beobachter waren vor Ort.
Es gab auch viele lokale Beobachter, in der Regel einen demokratischen und einen republikanischen pro Büro. Ich hatte den Eindruck, dass die republikanischen Beobachter aufmerksamer waren. Immerhin gab es vor der Wahl viele Spannungen und die Republikaner haben wiederholt Zweifel an diesen Wahlen angekündigt.
Wie war die Stimmung in den Wahlbüros?
Nach einer sehr hitzigen Kampagne ist nach meinen Beobachtungen alles ruhig verlaufen, sowohl ausserhalb als auch innerhalb der Wahllokale. Die Stimmung war sogar eher positiv: Man hat sich bemüht, die Leute zum Wählen zu ermutigen. Wenn jemand zum ersten Mal gewählt hat, haben alle geklatscht und vor den Büros standen DJ-Pulte.
Vor vier Jahren haben Sie Ihre Unterstützung für Trump geäussert. Kommen bei dem jetzigen Wahlergebnis wieder Fan-Gefühle hoch?
Ich bin kein Trump-Fan, ich beurteile das aus der Sicht der Schweiz. Die Schweiz hat aber historisch gesehen nie so viele Probleme gehabt wie mit demokratischen Präsidenten, zum Beispiel mit den Banken. (Anm. der Redaktion: Das Schweizer Bankgeheimnis ist etwa unter dem Druck der Obama-Administration gefallen). Ein zweiter Punkt ist die Ukraine: Ich glaube, der einzige der zwei Kandidaten, der einen Willen hat, den Krieg zu beenden, ohne eine weitere Kriegseskalation zu provozieren, ist Trump.
Trump ist besser für die Ukraine? Er will doch nur die Kapitulation, dass die Ukraine die besetzten Gebiete an Russland abgibt.
Nein, ich habe nicht gesagt, Trump ist besser für die Ukraine, er ist besser für den Frieden. Aber nochmals, ich bin kein Trump-Fan und ich bin auch kein Fan der USA. Sie haben die politischen Kampagnen ins Extreme getrieben, das Spektakel verdrängt den Inhalt. Das System würde sich von Präsident zu Präsident gar nicht so stark ändern. Der Unterschied ist, dass Trump, glaube ich, ein echter Anführer ist. Er hat die unberechenbare Art, alles etwas aufzurütteln, ob einem das gefällt oder nicht.
Bundesrat Albert Rösti hat sich kürzlich zu seiner eigenen Wahlpräferenz geäussert: Er würde eher zu Donald Trump tendieren. Haben Sie in den USA dazu Reaktionen erhalten?
Nein, keine. In der Schweiz ist das ein Sturm im Wasserglas, aber meines Wissens kein diplomatischer Vorfall mit den USA.
Wie lange bleiben Sie noch in den USA?
Meine Mission ist zu Ende, ich muss nur noch meine Rapporte schreiben. Dann werde ich privat einige Tage in Las Vegas bleiben. Aber ich glaube nicht, dass ich hier etwas gewinnen werde. Auf jeden Fall werde ich nicht viel verlieren, ich bin kein Glücksspielfanatiker.