Trotz drohender Stromversorgungskrise kaufen sich immer mehr Schweizerinnen und Schweizer ein Elektroauto. 2022 machten Elektroautos bereits 17,7 Prozent der hiesigen Neuwagenverkäufe aus. Zum Vergleich: 2019 waren es noch geringe 1,8 Prozent!
Gut möglich, dass dieser Elektroauto-Boom auch der Förderung des Bundes zuzuschreiben ist. E-Autos waren nämlich vom Importzoll ausgenommen – bis jetzt. Ende Januar hat der Bundesrat beschlossen, diese Befreiung aufzuheben.
Rote Köpfe bei Autobranche-Vertretern
Der Grund: Der Bund erwartet ab 2024 Defizite in Milliardenhöhe. Wegen des drohenden Staatskassen-Lochs hat der Bundesrat verschiedene Massnahmen beschlossen, um die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten zu können. Unter anderem beim Importzoll, der Zusatzeinnahmen generieren soll. Dieser soll 4 Prozent des Fahrzeugwerts betragen und ab nächstem Jahr erhoben werden.
Damit sorgt der Bundesrat bei der Autobranche für rote Köpfe. Der Importzoll verteuere Neufahrzeuge und sei deshalb «ein schlechtes Signal für die Erreichung von Klimazielen im Verkehr», sagt etwa Auto Schweiz-Direktor Andreas Burgener (63) gegenüber der «Handelszeitung».
Subventionen gleich «Auslaufmodell»
Das sieht der Bundesrat allerdings anders. Eine Zollsubvention von E-Autos findet er «nicht mehr notwendig», weil diese mittlerweile so beliebt sind. Ähnlich beurteilt dies SVP-Nationalrat Christian Imark (41). Er bezeichnet die Subvention von E-Autos als «Auslaufmodell». Als Beispiel dafür nennt er seinen Heimatkanton Solothurn. Wie in Genf, St. Gallen oder Zürich sind dort Elektroautos von der Motorfahrzeugsteuer befreit – noch. Denn zurzeit wird über eine steuerliche Gleichberechtigung von Verbrennern und E-Autos nachgedacht.
E-Fahrzeuge seien bereits ein Selbstläufer und würden sich in einigen Jahren höchstwahrscheinlich durchsetzen, so Imark. «Es ist deshalb nicht mehr gerechtfertigt, diese zu fördern.» Ginge es nach Imark, würde die Förderung deshalb schrittweise aufgehoben. Sonst fehle das Geld beim Strassenunterhalt. Zwar sei er für weniger staatliche Abgaben, sagt Imark, aber zumindest sollten E-Fahrzeuge und Verbrenner gleich behandelt werden. «Die Fahrzeuge kommen ohnehin aus dem Ausland. Also entweder alle besteuern oder keine.»
Auch VCS ist für Importsteuer
Auch der Verkehrsclub Schweiz (VCS) plädiert dafür, die gegenwärtigen Fördermassnahmen für E-Autos aufzuheben. «Die Elektrifizierung des Strassenverkehrs muss verursachergerecht finanziert werden», heisst es in einem Positionspapier vom Januar 2022. Deshalb sollten der «Erlass von Import- und Mineralölsteuer und Reduktionen bei der kantonalen Motorfahrzeugsteuer bis 2025 aufgehoben werden». Als Äquivalent zur Mineralölsteuer schlägt der VCS für Elektrofahrzeuge eine verbrauchsabhängige Steuer vor.
Auto-Schweiz-Direktor Burgener führt allerdings noch ein weiteres Argument gegen den geplanten Importzoll ins Feld: Dieser könnte die Ziele der Roadmap Elektromobilität des Umweltdepartements (Uvek) torpedieren. Diese will bis Ende 2025 bei den neuen Pkw einen 50-prozentigen Anteil an Steckerfahrzeugen erreichen – also E-Autos und Plug-in-Hybride.
Uvek will sich nicht äussern
Die Strategie des Uvek sieht Imark mit der Importzoll-Einführung nicht gefährdet: «Der Aufschlag von einigen Franken wird beim Kauf eines Neuwagens kaum ausschlaggebend sein.» Das 50-Prozent-Ziel stellt er hingegen infrage: «Ich glaube nicht, dass dieses sinnvoll ist. Woher soll der ganze Strom kommen?»
Das Uvek will sich zum geplanten Importzoll und zu dessen Auswirkungen auf die Roadmap Elektromobilität nicht äussern und verweist auf das Finanzdepartement. Schliesslich hatte es der Bundesrat Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59) überlassen, über den Importzoll zu entscheiden. Ihr Vorgänger Ueli Maurer (72) wollte bereits letzten Herbst handeln und einen Sanierungsbeschluss in Angriff nehmen. Die Regierung hatte ihm jedoch die Zustimmung verweigert und den Beschluss bis Januar aufgeschoben.
Die Vernehmlassung zum Importzoll für E-Autos startet im März. Viele Fragen sind noch offen. Unter anderem, wer die 4 Prozent Importzoll berappen wird – Konsumentinnen, Firmen oder Importeure. Burgener von Auto Schweiz befürchtet jedenfalls, dass die Fahrzeugpreise steigen werden. (bgs)