Es war mitten in der Nacht, als bei 200 Nationalrätinnen und Nationalräten das Mobiltelefon auf dem Nachttisch aufleuchtete. Nationalratspräsident Martin Candinas (42) rief alle per SMS zur Abstimmung in den Nationalratssaal. Zur Geisterstunde?
Candinas kann mittels eines Knopfes an seinem Pult die Politiker informieren, wenn eine Abstimmung kurz bevorsteht. Dann können sie sich pünktlich zu ihrem Pult begeben, sollten sie sich grad in der Wandelhalle die Füsse vertreten oder Lobbyisten im Bundeshaus treffen. Dank der SMS verpassen sie normalerweise keine Abstimmung.
Wer war an Candinas Pult?
Eine solche SMS-Erinnerung erhielten die Politikerinnen und Politiker auch am 17. März – allerdings um 2.53 Uhr in der Früh. Eine Abstimmung stand da gewiss nicht an.
Des Rätsels Lösung: Jemand anders hat vom Präsidentenpult aus das Signal für eine Abstimmung ausgelöst. Das bestätigt ein Mitarbeiter des Bundeshauses gegenüber Blick. Der entsprechende Knopf könne nur dort gedrückt werden. Wer dahinter steckt, wisse man bis heute nicht.
Es waren aber wohl keine Geister, die mitten in der Nacht zum Abstimmen aufriefen. An diesem Abend fand im Parlamentsgebäude nämlich eine grosse Veranstaltung bis zur späten Stunde statt. Mutmasslich soll es sich dabei um die Geburtstagsparty von mehreren Grünen gehandelt haben – die begann jedoch bereits um 18 Uhr.
Die Einladung dazu ging an das ganze Parlament. Da die Jubilare «doch einen beachtlichen Teil unseres Alltagslebens mit euch verbringen», erhielten die Einladung Politiker sämtlicher Couleur. Ob sich in diesem Zusammenhang jemand ein Spässchen erlaubt hat? Auf den Anlass und das Malheur angesprochen, heisst es bei den Grünen lediglich: No comment.
System wird nun blockiert
Im Bundeshaus hat man inzwischen auf den Streich reagiert. Seither wird das Display am Präsidentenpult am Ende der Sitzung systematisch blockiert. Damit die Politiker nicht mehr aus dem Schlaf gerissen werden können, wenn Parlamentarier oder sonstige Gäste im Bundeshaus mal wieder über die Stränge schlagen sollten.
Es sei den auch nicht das erste Mal gewesen, dass man eine solche nächtliche Nachricht erhalten habe, beschwichtigen die Parlamentarier. In ihren SMS-Verläufen fanden sich aber keine Hinweise darauf.