Die Empörung im Land war gross. Der Bundesrat ist gegen ein Verbot von Nazi-Symbolen in der Öffentlichkeit. Zwar sei «unbestritten, dass das Zur-Schau-Stellen und Instrumentalisieren von Kennzeichen des Nationalsozialismus schockierend und sehr belastend sein kann». Gerade für Opfer des Holocaust, Angehörige oder Nachkommen. Mit der Meinungsfreiheit sei es aber hinzunehmen, «dass auch stossende Ansichten vertreten werden, selbst wenn sie für die Mehrheit unhaltbar sind», begründete der Bundesrat seine ablehnende Haltung.
Das will ein Teil der Bevölkerung nicht hinnehmen. Unter dem Titel «Keine Haken an unserem Kreuz» werden seit Dienstag Unterschriften gesammelt für eine Petition, die vom Parlament ein Verbot von Nazi-Symbolen fordert. Angeführt wird die Aktion von der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus.
«Völlig unverständlich und gefährlich»
Die ablehnende Haltung des Bundesrats sei «völlig unverständlich und gefährlich», findet die Stiftung. «Hakenkreuz und Hitlergruss haben in der Schweiz nichts verloren.» Mit der Petition sollen National- und Ständerat aufgefordert werden, «ein klares Zeichen gegen Rassismus und Antisemitismus zu setzen», wird Stiftungsratspräsident Pascal Pernet in einer Mitteilung zitiert.
Ein Vorstoss von Mitte-Nationalrätin Marianne Binder (63) hat die Debatte ausgelöst. Per Motion fordert sie ein neues Gesetz: Gesten, Parolen, Zeichen oder Fahnen – sowohl im digitalen Raum als auch an Kundgebungen – sollen, wenn sie etwas mit Nazis zu tun haben, unter Strafe gestellt werden.
Sympathiebekundung soll nicht strafbar sein
«Im Dritten Reich mussten jüdische Menschen Judensterne tragen und wurden in Konzentrationslagern ermordet», erklärt Binder. «Heute tragen Leute einen Judenstern mit dem Aufdruck ‹ungeimpft›, weil sie nicht in ein Restaurant dürfen.» Das sei unerträglich und inakzeptabel.
Der Bundesrat aber sieht keinen Handlungsbedarf. Es sei bereits jetzt verboten, Propaganda für Ideologien zu betreiben, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung gerichtet sind. «Allein die Tatsache, öffentlich seine Sympathien für eine diskriminierende Ideologie zu bekunden oder sich auf diese im Kontext, auch auf zynische Weise, zu beziehen, stellt noch keine Propaganda dar», so die Regierung.
Prävention reicht den Kritikern nicht
Gleichzeitig weist der Bundesrat darauf hin, dass auch das Parlament es 2015 und 2016 abgelehnt habe, den Hitlergruss unter Strafe zu stellen. Und: Bei neueren Anläufen habe er «keine Notwendigkeit erkannt, weitergehende Strafbestimmungen gegen den Gebrauch bestimmter Symbole zu erlassen». Der Bundesrat zeigt sich vielmehr überzeugt, dass Prävention besser geeignet sei als Verbote und Strafen.
Auch die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus will auf Prävention setzen. Aber das reicht ihr nicht. Wenn Prävention nicht greift und Nazi-Symbolik wie Hakenkreuze oder Hitlergruss dennoch verwendet werden – dann muss das Strafrecht greifen, steht für sie fest. Es brauche ein Verbot inklusive einer klaren Strafbestimmung. (dba)