Ein neues Rechtsgutachten, das dem Blick vorliegt, entlastet die Waadtländer Staatsrätin Valérie Dittli (30). Die Finanzministerin der Mitte ist nach Enthüllungen von RTS und «24 heures» in Rechtsstreitigkeiten über ihre akademische Vergangenheit und ihre Steuersituation verstrickt. Sie beschloss deshalb, einen unabhängigen Experten mit der Untersuchung ihres Falles zu beauftragen.
Yves Noël übernahm diese Aufgabe. Der Rechtsanwalt und Professor an der Universität Lausanne (UNIL) hat ein als «vertraulich» eingestuftes Rechtsgutachten über den Steuerwohnsitz von Dittli von 2017 bis 2022 erstellt.
Ihr junges Alter ist entscheidend
Wie er im Gutachten schreibt, ist das Alter Dittlis entscheidend. Bei unter 30-Jährigen sei noch nicht der Arbeitsort relevant, um den Steuersitz zu bestimmen. Er werde nur dann als Steuersitz betrachtet, wenn jemand eine spezielle Bindung zu diesem Ort habe. Sonst sei der Familienwohnsitz ausschlaggebend.
Im Falle Dittlis sieht Noël kein Problem darin, dass sie während ihrer Doktorarbeit zu Hause gemeldet war und nicht in Lausanne.
Der Experte räumt jedoch ein, dass sich die Frage ab dem Jahr 2021 hätte stellen können. Und zwar mit dem «offiziellen Eintritt der Mitte-Politikerin in die Politik» und ihrer Kandidatur für das Amt des Stadtrats der Waadtländer Hauptstadt. «Aber genau zu Beginn dieses Jahres gab Valérie Dittli zum ersten Mal ihren Hauptwohnsitz in Lausanne bekannt», merkt er an.
Weil sie im März 2021 weder in die Stadtverwaltung von Lausanne noch in den Gemeinderat gewählt wurde und am 1. April ein Anwaltspraktikum in Bern begann, meldete sie sich daraufhin wieder im Kanton Zug an.
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Niemand konnte von ihrer Wahl ausgehen
Der Anwalt stellt fest, dass die Politikerin «den Beginn ihrer aktiven Karriere auf die Deutschschweiz ausgerichtet hat». Ein Vorhaben, das sich «nur im Falle ihrer Wahl in die Stadtverwaltung von Lausanne» geändert hätte.
Niemand konnte zu jener Zeit ahnen, was passieren wird – Dittlis Nominierung und ihre Wahl in den Staatsrat in Lausanne waren total überraschend. «Die Rückführung des Hauptwohnsitzes nach Zug am Ende des Wahlkampfs für den Stadtrat entsprach somit den rechtlichen Anforderungen», sagt Noël.
Weiteres Gutachten in Auftrag gegeben
Wie reagierte Valérie Dittli auf dieses Gutachten? Fühlt sie sich nun von jedem Verdacht befreit? Kennt sie Yves Noël persönlich? Dittli wollte dazu auf Anfrage von Blick keine Stellung nehmen.
Die Waadtländer Regierung hat nach Bekanntwerden der Vorwürfe selbst eine juristische Abklärung angekündigt. Ob sich die Ergebnisse dieses unabhängigen Gutachtens mit jenem des Lausanner Rechtsprofessoren decken, wird sich zeigen.