Die Pandemie rückt ein häufig verdrängtes Thema ins Scheinwerferlicht. Das Ende des Lebens, das Sterben mit all seinen gesellschaftlichen Facetten, ist mit den Bildern aus den Intensivstationen, mit den Statistiken und dramatischen Schicksalsberichten ins öffentliche Bewusstsein gerückt.
Eine Gruppe Parlamentarierinnen und Parlamentarier ist der Meinung, dass dieser Bereich politisch zu wenig beachtet wird. Sieben Vertreterinnen und Vertreter aus allen Bundeshausfraktionen – und allen Sprachregionen – haben deshalb am 9. Dezember die parlamentarische Gruppe «Patientenverfügung und Selbstbestimmung» gegründet.
Ängste sollen gemindert werden
«Die Hemmschwellen, sich der eigenen Endlichkeit zu stellen, sind nach wie vor gross», heisst es im Zweck des Gremiums. «Bürgerinnen und Bürger sehen sich mit vielen komplexen Fragen rund um die Ausgestaltung von Patientenverfügungen, Vorsorgeaufträgen, Organspende- und Widerspruchslösungen, digitalem Patientendossier und E-ID konfrontiert und oft überfordert. Dies wollen wir ändern und einen Beitrag leisten.»
Das Ziel sei, «selbstbestimmtes Handeln und Vertrauen zu stärken und auch Ängste zu mindern». Dazu sollen Veranstaltungen und Events abgehalten werden.
Initiiert durch FDP-Nationalrätin Doris Fiala
Die Initiative zur Gründung kam von der Zürcher FDP-Nationalrätin Doris Fiala (64). «Ich habe schon vor 25 Jahren beim Tod meiner Eltern erfahren, was es bedeutet, wenn keine Patientenverfügung hinterlassen wird», sagt sie.
Der Krebstod ihres Mannes Jan Fiala 2019 habe ihr das Thema noch mehr vergegenwärtigt. «Die meisten grossen Schweizer Spitäler sind kurative Institutionen», ist sie überzeugt.
Bisher wenig palliative Einrichtungen
Palliative Einrichtungen, also solche, die sich dem menschenwürdigen Sterben widmen, gebe es hingegen noch zu wenige im Land. Fiala: «Da braucht es mehr Sensibilisierung.»
Zum siebenköpfigen Co-Präsidium der Gruppe gehören neben Fiala ihr Parteikollege Marcel Dobler (41), SP-Ständerätin Marina Carobbio Guscetti (55), GLP-Nationalrätin Katja Christ (49), Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel (64), Grünen-Vertreterin Léonore Porchet (32) sowie SVP-Nationalrat Pirmin Schwander (59).
Herzensangelegenheit
Das Projekt ist eine Herzensangelegenheit von Fiala.
Die Freisinnige, die sich seit über zwei Jahrzehnten in Legislativämtern engagiert, davon 14 Jahre im Nationalrat, befindet sich im Herbst ihrer politischen Karriere. Nach Ende dieser Legislatur 2023 wird sie nicht mehr antreten.
Trotzdem – oder gerade deswegen? – ist die Zürcherin aktiver denn je.