Geheimes nur noch mit Erlaubnis
Ständerat will Pressefreiheit schwächen

Der Ständerat hat die Pressefreiheit geschwächt. Er möchte prüfen, ob Journalisten bestraft werden können, wenn sie über geheime Daten berichten.
Publiziert: 20.12.2023 um 16:34 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2023 um 18:42 Uhr
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Eine Mehrheit des Ständerats findet, man solle einen Maulkorb gegen Journalisten prüfen.
Foto: keystone-sda.ch
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Der Bundesrat soll prüfen, ob die Veröffentlichung illegal erhobener Daten künftig unter Strafe gestellt werden kann. Das will der Ständerat. Eine Mehrheit von 28 Ständeräten aus Mitte, SVP, FDP und GLP sprachen sich am Mittwoch für einen entsprechenden Vorstoss aus. 

Das würde Journalistinnen und Journalisten hart treffen und die Pressefreiheit einschränken. Medienrechtler und auch die zuständige Bundesrätin gehen davon aus, dass eine solche Regel dazu führen könnte, dass Journalisten künftig nur noch aufgrund von Daten recherchieren dürften, die freiwillig publiziert würden.

Baume-Schneider warnte vergeblich

Medienrechtler zeigen sich von den Plänen besorgt: «Wenn also eine Firma die Umwelt verschmutzt oder ein Spital zu teure Behandlungen abrechnet, dann dürften Medien darüber nur noch berichten, wenn die Firma oder das Spital die Daten dafür freigibt», erklärt David Zollinger, Anwalt, Medienrechtler und früherer Staatsanwalt, kürzlich dem «Tages-Anzeiger». In der Praxis komme so etwas kaum vor, weil diese bestrebt seien, so etwas zu verheimlichen. 

In die gleiche Kerbe schlug Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider (59) im Ständerat: «Wenn beispielsweise ein Unternehmen systematisch gegen das Gesetz verstösst, weil es sich der Korruption oder der Geldwäsche schuldig macht, kann es ein öffentliches Interesse daran geben, dass diese Tatsachen bekannt werden.»

Investigativer Journalismus erschwert

Heute können Schweizer Journalisten in den meisten Fällen über solche «rechtswidrig erhobenen Daten» berichten, sofern ein öffentliches Interesse besteht, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Wäre es verboten, über solche geleakten Daten zu berichten, wäre das ein grosses Problem für den Investigativ-Journalismus in der Schweiz, befürchtet Journalistenverbände.

FDP-Präsident Thierry Burkart (48) verteidigte das Anliegen als Sprecher im Rat. Ihm ginge es keineswegs darum, die Pressefreiheit einzuschränken, sagte er. «Es ist immerhin daran zu erinnern, dass illegal erworbene Daten auch Daten von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern betreffen können.»

Es gebe durchaus «ein begründetes Interesse seitens der Medien bezüglich der verfassungsrechtlich geschützten Medienfreiheit.. Aber diese Frage solle «ganzheitlich und auch in Abwägung dieser beiden hohen Werte geklärt werden». Der nun in Auftrag gegebene Bericht soll also zeigen, welches die Vor- und Nachteile einer solchen Regelung hätte.

Schweiz gerügt

Allerdings kennt die Schweiz schon heute strenge Regeln: Berichten Schweizer Journalistinnen und Reporter über geheime Daten aus einer Schweizer Bank, droht ihnen eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren. Die Uno-Berichterstatterin für Meinungsfreiheit wandte darum schon letztes Jahr direkt an den Bundesrat und warnte öffentlich vor einer «Kriminalisierung von Journalismus». Das Schweizer Gesetz verstosse gegen die Menschenrechtskonvention. Davon liess sich der Ständerat am Mittwoch nicht beeindrucken. 

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