St. Gallen prüft Ausweitung der Zertifikatspflicht
«Kann nicht verantworten, dass Intensivstationen überlaufen»

Der St. Galler Gesundheitsdirektor Bruno Damann (CVP), erklärt, warum sein kantonaler Krisenstab die Ausweitung der Zertifikatspflicht auf Restaurants, Bars und Spitäler prüft.
Publiziert: 20.08.2021 um 20:39 Uhr
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Aktualisiert: 20.08.2021 um 22:14 Uhr
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Nur noch mit Zertifikat ins Restaurant oder die Bar? Diese Massnahme prüft nun der Kanton St. Gallen.
Foto: keystone-sda.ch
Interview: Gianna Blum

Herr Damann, St. Gallen prüft die Ausweitung der Zertifikatspflicht auf Restaurants oder Spitäler. Wie dramatisch ist die Lage?
Bruno Damann: Wir haben einen massiven Anstieg der Hospitalisierungen. Vergangenen Freitag lagen drei Corona-Patienten auf der Intensivstation, diese Woche sind es zwölf – elf davon müssen beatmet werden. Das hat bei uns Alarmglocken ausgelöst.

Wie wahrscheinlich ist es, dass der Regierungsrat tatsächlich den Schritt beschliessen wird?
Das kommt darauf an, wie es weitergeht. Wenn die Zahlen bleiben wie jetzt, müssen wir nichts unternehmen. In der zweiten Welle hatten wir bis zu 36 Personen in Intensivpflege, zwölf sind also problemlos bewältigbar. Doch wenn die Hospitalisierungen weiterhin so ansteigen, müssen wir reagieren. Es handelt sich um ein Vorschlag des Kantonalen Krisenstabs, ob der Gesamtregierungsrat dahintersteht, diskutieren wir am Dienstag.

In welchem Zeithorizont könnte die Zertifikatspflicht denn kommen?
Ein bis zwei Wochen wird das schon gehen, wir brauchen Zeit für die Ausarbeitung und Einführung. Natürlich sind auch juristische Abklärungen nötig.

Ziehen Sie auch Massnahmen wie ein Verbot von Wahleingriffen in den Spitälern in Betracht?
Das haben wir bislang immer den Spitälern überlassen, das hat sich gut bewährt. Das St. Galler Kantonsspital hat sich bereits entschieden, Wahleingriffe zwar noch durchzuführen, aber vorerst keine weiteren Termine dafür zu vergeben.

Das Covid-Zertifikat ist ohnehin schon umstritten, manche empfinden die Pflicht als Impfzwang. Was entgegnen Sie den Kritikern?
Die Zertifikatspflicht auszuweiten, ist der harmloseste Eingriff, den wir noch machen können. Vielleicht überzeugt das nun ein paar Unentschlossene, sich noch impfen zu lassen. Aber wir sagen niemandem, er müsse sich impfen lassen, niemand wird ausgeschlossen – man erhält auch mit Test ein Zertifikat.

Sind Sie im Gespräch mit den Gastroverbänden, und wie haben diese reagiert?
Selbstverständlich. Die Restaurants haben keine Freude, und das verstehe ich auch. So gross ist der Aufwand aber nicht, das Zertifikat lässt sich einfach per App prüfen. Und wir hoffen ja, dass dieser Schritt gar nicht nötig sein wird. Aber ich kann nicht verantworten, dass die Intensivstationen überlaufen.

St. Gallen hat sich in der Vergangenheit oft gegen strengere Massnahmen gesträubt, jetzt schlagen ausgerechnet Sie härtere vor. Woher dieser Sinneswandel?
Uns ist es immer darum gegangen, in erster Linie das Gesundheitswesen zu schützen. Ich bin überzeugt, dass eine Ausweitung der Zertifikatspflicht immer noch die harmlosere Massnahme ist als in zwei, drei Wochen ein Lockdown. Die Zertifikatspflicht ist nicht so tragisch, die kann man einfach umsetzen.

Gleichzeitig verzichtet St. Gallen als einer von wenigen Kantonen immer noch auf präventive Tests in Schulen.
Das diskutieren wir immer mal wieder. Aber wir haben sehr wenige Fälle in Schulen, das Verhältnis von Wirkung und Aufwand überzeugt uns nicht. Ich bin überzeugt, dass wir die Pandemie mit Impfen durchbrechen – nicht mit Testen.

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