Im Ausland hat der Entscheid für ungläubiges Kopfschütteln gesorgt. 2012 sagte das Schweizer Stimmvolk Nein zu mehr Ferien. Statt vier sollten sechs freie Wochen zum gesetzlichen Minimum werden. Zwei Drittel der Schweizerinnen und Schweizer waren dagegen.
Den ablehnenden Entscheid konnte auch der Neuenburger SP-Nationalrat Baptiste Hurni (36) nicht verstehen. Trotz des klaren Verdikts will er es nun, zehn Jahre später, noch einmal versuchen. In einer parlamentarischen Initiative fordert er die Anhebung der gesetzlichen Mindestferien von vier auf zumindest fünf Wochen. Junge unter 20 Jahren sollen mindestens sechs Wochen – statt bisher fünf – freimachen dürfen.
Gegenmassnahme zur Flexibilisierung des Arbeitsmarkts
Unterzeichnet hat den Vorstoss nicht nur fast die gesamte SP-Fraktion im Nationalrat, sondern auch die Grünen-Spitze und EVP-Präsidentin Lilian Studer (44).
Hurni begründet den erneuten Anlauf damit, dass sich in der Arbeitswelt in den vergangenen Jahren viel getan habe – nicht nur zum Vorteil der Arbeitnehmenden. Mit der Digitalisierung verschwimme die Grenze zwischen Privat- und Berufsleben. Er verweist zudem auf eine Umfrage in Frankreich, der zufolge die Zahl der Überstunden während der Pandemie – in der zu Hause arbeitete, wer konnte – «explodiert» sei.
41,9 Stunden pro Woche
Ausserdem würden viele Firmen ihren Mitarbeitern freiwillig mehr Ferientage geben als gesetzlich vorgeschrieben. Da ergebe es Sinn, das Gesetz anzupassen. Damit alle von einer Woche mehr Ferien profitieren könnten. Schliesslich habe auch die Gesellschaft etwas davon, weil man so mehr Zeit habe, sich beispielsweise in einem Verein oder ehrenamtlich zu engagieren. «Mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 41,9 Stunden pro Woche müssen wir nicht mehr beweisen, dass die Schweizerinnen und Schweizer ihrem Ruf als fleissige Arbeiterinnen und Arbeiter gerecht werden», findet Hurni, der selbst als Anwalt tätig ist.
Er ist der Meinung: Wenn von den Angestellten erwartet werde, sich ständig an eine sich verändernde Arbeitsrealität anzupassen, könne man von den Arbeitgebern erwarten, «dass auch sie sich mindestens einmal alle 25 Jahre nach dem Wohlbefinden ihrer Angestellten richten».
Die Bürgerlichen werden das freilich anders sehen. Das Hauptargument, das 2012 zur Ablehnung der Ferien-Initiative geführt hat, waren die Kosten, die mit einer Ausweitung der Ferien entstehen würden. Ein Argument, das beim Schweizer Stimmvolk erfahrungsgemäss immer gut zieht. Auch wenn mehr Ferien winken. (lha)