Pflege-Unternehmen schöpfen Unterstützungsgelder ab
Angehörige pflegen, Firmen kassieren

Ohne Ehepartner oder Kinder ginge nichts in der Betreuung älterer Menschen. Seit ein paar Jahren können pflegende Angehörige eine Entschädigung für ihre Arbeit erhalten. Dabei sahnen Firmen ordentlich ab.
Publiziert: 08.04.2024 um 20:46 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2024 um 11:46 Uhr
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Waschen, Anziehen, Essen: In vielen Fällen helfen Angehörige bei der Pflege betagter Menschen mit.
Foto: imago images/Martin Wagner
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Sermîn FakiPolitikchefin

Ohne sie würde nichts funktionieren: Frauen, die ihre gebrechlichen Ehemänner pflegen, Söhne, die sich um die alten Mütter kümmern. Wären dafür professionelle Pflegefachleute nötig, würde das System kollabieren. 

Pflegende Angehörige entlasten das Gesundheits- und Pflegewesen. Und seit ein paar Jahren werden auch sie entlastet: Nach einem Bundesgerichtsentscheid von 2019 können Familienmitglieder und nahestehende Personen für gewisse Pflegearbeiten teilweise bezahlt werden. Geld gibt es für die sogenannte Grundpflege – Hilfe beim Duschen, Baden und Waschen, beim An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen, beim Essen und Trinken, beim Toilettengang, beim Aufstehen, Hinlegen und Gehen sowie beim Zähneputzen. 

Firmen kassieren mit

Spitex ist nicht gleich Spitex

Bei der Anstellung von pflegenden Angehörigen gibt es Unterschiede: So gibt es klassische Spitex-Organisationen, die neben ihrem Kerngeschäft auch pflegende Angehörige anstellen. Gemäss Spitex Schweiz müssen diese die Pflegeleistungen in der von der Spitex geforderten Qualität erfüllen. Dazu seien Standards definiert.

Als Mindestqualifikation für die pflegenden Angehörifen ist ein Kurs in Pflegehilfe oder eine andere gleichwertige Ausbildung notwendig. Dieser Kurs muss jedoch noch nicht bei Abstellung absolviert sein, sondern kann nachgeholt werden. Ausserdem trägt eine diplomierte Pflegefachperson die Fallverantwortung. 

Neben der Spitex sind auch andere Träger in diesem Bereich tätig: Firmen, die nichts anderes tun als pflegende Angehörige anzustellen. Aber auch die Caritas stellt, in Zusammenarbeit mit den lokalen Spitex-Organisationen, pflegende Angehörige ein. 

Spitex Schweiz fordert gleich lange Spiesse für alle, die pflegende Angehörige anstellen, etwa in Sachen Qualitätssicherung und Finanzierung.

Bei der Anstellung von pflegenden Angehörigen gibt es Unterschiede: So gibt es klassische Spitex-Organisationen, die neben ihrem Kerngeschäft auch pflegende Angehörige anstellen. Gemäss Spitex Schweiz müssen diese die Pflegeleistungen in der von der Spitex geforderten Qualität erfüllen. Dazu seien Standards definiert.

Als Mindestqualifikation für die pflegenden Angehörifen ist ein Kurs in Pflegehilfe oder eine andere gleichwertige Ausbildung notwendig. Dieser Kurs muss jedoch noch nicht bei Abstellung absolviert sein, sondern kann nachgeholt werden. Ausserdem trägt eine diplomierte Pflegefachperson die Fallverantwortung. 

Neben der Spitex sind auch andere Träger in diesem Bereich tätig: Firmen, die nichts anderes tun als pflegende Angehörige anzustellen. Aber auch die Caritas stellt, in Zusammenarbeit mit den lokalen Spitex-Organisationen, pflegende Angehörige ein. 

Spitex Schweiz fordert gleich lange Spiesse für alle, die pflegende Angehörige anstellen, etwa in Sachen Qualitätssicherung und Finanzierung.

Bezahlt werden diese Arbeiten allerdings nur, wenn die Angehörigen bei einer Spitex-Organisation oder ähnlichen Firma angestellt sind. Und diese Firmen kassieren dabei ordentlich ab – auf Kosten der pflegenden Angehörigen und der Allgemeinheit: Die Familienmitglieder erhalten für ihre Care-Arbeit einen Stundenlohn zwischen 30 und 35 Franken. Dabei ist zu beachten, dass die meisten nur auf ein kleines Pflege-Pensum kommen, gemäss der Interessengemeinschaft Angehörigenpflege sind es zwischen 20 und 50 Prozent.

Die Krankenkassen vergüten den Spitex-Organisationen und Firmen, bei denen die Angehörigen angestellt sind, deutlich mehr: 52.60 Franken pro Stunde für die Grundpflege. Oft kommt noch eine Aufstockung von den Gemeinden dazu. Beispiel die Stadt Frauenfeld: Hier gibt es gut 82 Franken pro Stunde. Im Kanton Freiburg sind es 65 Franken. 

60 Millionen Umsatz

An die pflegenden Angehörigen gehen also nur 30 bis 50 Prozent, der Rest bleibt bei den Firmen. Kein Wunder, sind Firmen, die sich auf die Anstellung von pflegenden Angehörigen konzentriert haben, in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Es ist nämlich ein einträgliches Geschäft. Laut dem Krankenkassenverband Santésuisse haben die zwölf grössten Firmen im letzten Jahr 60 Millionen Franken Umsatz gemacht. Vor zweieinhalb Jahren seien es noch 17 Millionen Franken gewesen, so der Verband. Santésuisse spricht darum von einer «Geldmaschine».

Ein Zuwachs, den die Prämienzahler berappen – und bei dem die Qualität nicht gesichert ist. Die Interessengemeinschaft Angehörigenbetreuung fordert deshalb Anpassungen am System. «Wir haben die Möglichkeit, dass Angehörige pflegen können, immer unterstützt. Weil es für viele Betroffene das Beste und die Allgemeinheit kostengünstiger ist», sagt Präsident Adrian Wüthrich (43). «Aber auch wir haben Fragen.»

Gewinne für die Qualitätssicherung

Der Bundesrat hat nun einen Bericht zum Thema angekündigt. Darin will er aufzeigen, wie viele Menschen Angehörige pflegen und wie sich die Kosten zulasten der Krankenkassen in diesem Sektor entwickelt haben. «Sollte sich zeigen, dass die Entwicklung in die falsche Richtung geht, werden wir Massnahmen fordern», so Wüthrich. Beispielsweise sollen die Gewinne der Firmen, die aus der Differenz zwischen dem Stundentarif und dem Stundenlohn für die Angehörigen resultieren, für die Aus- und Weiterbildung und für die Qualitätssicherung eingesetzt werden. 

Angehörigenpflege: Das gibt Geld vom Staat

Viele pflegebedürftige Seniorinnen und Senioren möchten so lange wie möglich zu Hause leben. Immer mehr Angehörige betreuen sie dort. Aus Liebe. Aus Dankbarkeit. Oder weil sie sich die professionelle ambulante Pflege nicht leisten können. Die Zahl wird mit der steigenden Anzahl älterer Menschen noch wachsen.

Nur: Die Vereinbarkeit von Beruf und Angehörigenbetreuung ist vielfach ein Spagat. Die unbezahlte häusliche Pflege stellt Angehörige vor viele Herausforderungen. Und: Finanzielle Hilfe für Betreuende von aussen ist meist begrenzt. Einen eigentlichen «Lohn» für die Betreuung von Angehörigen wird nicht ausbezahlt. Private Pflegende leisten jährlich über 60 Millionen Stunden Pflege und Betreuung, diese Arbeit ist über 3,5 Milliarden Franken wert. Trotzdem gibt es für die Betreuung zu Hause auch staatliche Massnahmen.

Betreuungsgutschriften

Du kannst Betreuungsgutschriften bei deiner AHV-Ausgleichskasse beantragen, wenn du Angehörige pflegst. Voraussetzung dafür ist, dass die angehörige Person, die du pflegst, von einer Versicherung (AHV, IV, Unfallversicherung oder Militärversicherung) eine Hilflosenentschädigung für mittlere oder schwere Hilflosigkeit bezieht.

Diese Gutschriften sind ein fiktives Einkommen. Sie erhöhen deine Rente, werden dir aber nicht direkt ausgezahlt. Mehr Informationen findest du bei der AHV/IV.

Betreuungszulagen

Einige Kantone und Gemeinden bieten auch Betreuungszulagen für pflegende Angehörige an. Bedingungen sowie Höhe können variieren. Meist musst du dafür ein Minimum an Pflegestunden leisten, vergütet wird deine Betreuung pro Pflegetag. Auf der Website des Bundesamts für Gesundheit findest du weitere Informationen dazu.

Anstellung bei einer Spitex

In einigen Kantonen bieten Spitex-Organisationen dir als betreuenden Angehörigen die Möglichkeit, dich anstellen zu lassen. Umfang der Anstellung sowie Höhe des Lohns bestimmt der entsprechende Spitex-Betrieb. Du erhältst von diesem einen Arbeitsvertrag – inklusive Rechte und Pflichten als arbeitnehmende Person.

Deine dabei erbrachten Leistungen werden vom Spitex-Betrieb über die Krankenversicherung der gepflegten Person abgerechnet. Eine solche Anstellung ist mit Chancen und Risiken verbunden. Spitex Schweiz bietet dir hier eine Übersicht. Tobias Ochsenbein

Viele pflegebedürftige Seniorinnen und Senioren möchten so lange wie möglich zu Hause leben. Immer mehr Angehörige betreuen sie dort. Aus Liebe. Aus Dankbarkeit. Oder weil sie sich die professionelle ambulante Pflege nicht leisten können. Die Zahl wird mit der steigenden Anzahl älterer Menschen noch wachsen.

Nur: Die Vereinbarkeit von Beruf und Angehörigenbetreuung ist vielfach ein Spagat. Die unbezahlte häusliche Pflege stellt Angehörige vor viele Herausforderungen. Und: Finanzielle Hilfe für Betreuende von aussen ist meist begrenzt. Einen eigentlichen «Lohn» für die Betreuung von Angehörigen wird nicht ausbezahlt. Private Pflegende leisten jährlich über 60 Millionen Stunden Pflege und Betreuung, diese Arbeit ist über 3,5 Milliarden Franken wert. Trotzdem gibt es für die Betreuung zu Hause auch staatliche Massnahmen.

Betreuungsgutschriften

Du kannst Betreuungsgutschriften bei deiner AHV-Ausgleichskasse beantragen, wenn du Angehörige pflegst. Voraussetzung dafür ist, dass die angehörige Person, die du pflegst, von einer Versicherung (AHV, IV, Unfallversicherung oder Militärversicherung) eine Hilflosenentschädigung für mittlere oder schwere Hilflosigkeit bezieht.

Diese Gutschriften sind ein fiktives Einkommen. Sie erhöhen deine Rente, werden dir aber nicht direkt ausgezahlt. Mehr Informationen findest du bei der AHV/IV.

Betreuungszulagen

Einige Kantone und Gemeinden bieten auch Betreuungszulagen für pflegende Angehörige an. Bedingungen sowie Höhe können variieren. Meist musst du dafür ein Minimum an Pflegestunden leisten, vergütet wird deine Betreuung pro Pflegetag. Auf der Website des Bundesamts für Gesundheit findest du weitere Informationen dazu.

Anstellung bei einer Spitex

In einigen Kantonen bieten Spitex-Organisationen dir als betreuenden Angehörigen die Möglichkeit, dich anstellen zu lassen. Umfang der Anstellung sowie Höhe des Lohns bestimmt der entsprechende Spitex-Betrieb. Du erhältst von diesem einen Arbeitsvertrag – inklusive Rechte und Pflichten als arbeitnehmende Person.

Deine dabei erbrachten Leistungen werden vom Spitex-Betrieb über die Krankenversicherung der gepflegten Person abgerechnet. Eine solche Anstellung ist mit Chancen und Risiken verbunden. Spitex Schweiz bietet dir hier eine Übersicht. Tobias Ochsenbein

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