Der rote Pass kann für Secondos teuer werden. Und so mancher fühlt sich vom Bund geprellt. Denn seit 2019 gilt eine neue Regel für die Wehrpflichtersatzabgabe. Statt bis zum 30. kann diese nun plötzlich bis zum 37. Altersjahr fällig werden. Für die meisten ändert sich dadurch nichts, weil weiterhin maximal elf Abgaben erhoben werden.
Viele eingebürgerte Männer aber trifft die Gesetzesänderung mit voller Wucht. Sie haben extra bis Ende 20 mit der Einbürgerung gewartet – gerade auch wegen der Dienstpflicht und der Ersatzabgabe. Andere leisteten bis 30 bereits Wehrpflichtersatz, mussten dann nicht mehr zahlen und werden jetzt plötzlich doch wieder zur Kasse gebeten.
Schnell mal bis zu 21'000 Franken
Und das nicht zu knapp. Der Wehrpflichtersatz macht drei Prozent des steuerpflichtigen Einkommens aus, wobei bei den meisten das Einkommen mit dem Alter steigt. Wer bis 37 zahlen muss, erhält oft eine gesalzene Rechnung. Pro Jahr sind das schnell mal 2000 bis 3000 Franken. Da die Abgabedauer um sieben Jahre verlängert wurde, macht das dann bis 21'000 Franken aus – statt wie bisher: nichts.
Beispiel 1: Mit 33 wird Paolo F. Schweizer. Er arbeitet in der Pharmabranche und hat ein steuerbares Einkommen von rund 120'000 Franken. Nach neuem Gesetz muss er insgesamt 14'400 Franken zahlen.
Beispiel 2: Der Deutsche Philipp K. lässt sich mit 29 einbürgern. Bei einem Buchverlag erzielt er ein steuerbares Einkommen von etwa 80'000 Franken. Das Jahr der Einbürgerung zählt noch nicht. Die Rechnung beträgt somit total 19'200 Franken. Vor der Gesetzesänderung hätte er einen Bruchteil davon bezahlt.
«Schwere Ungerechtigkeit»
Getäuscht fühlen sich viele, weil sie sich nach altem Recht einbürgern liessen. Und während des Verfahrens nicht über das neue Gesetz aufgeklärt worden seien. Um eine hohe Rechnung zu vermeiden, müssten sie freiwillig Dienst leisten. Das Problem: Für viele Eingebürgerte entfällt die Möglichkeit. Gerade Männer, die am 1. Januar 2019 schon mindestens 30 und bereits aus der Pflicht entlassen waren, können nur noch blechen.
Für SP-Nationalrat Mathias Reynard (32) ist das nicht nur eine «schwere Ungerechtigkeit». Er sieht sogar die Rechtsstaatlichkeit verletzt, weil das Gesetz rückwirkend sei. Wer vor 1989 geboren wurde und bereits aus der Pflicht entlassen war, muss plötzlich doch wieder zahlen. Reynard: «Die Rückwirkung ist unzulässig. So kann man die Regeln nicht ändern.»
Reynard fordert den Bundesrat in einem Vorstoss auf, zumindest jene von der Ersatzabgabe auszunehmen, die vor 1989 geboren wurden: «So kann eine rückwirkende, willkürliche und diskriminierende Anwendung vermieden werden.»
Bundesrat erkennt bisher kein Problem
Bisher aber machte der Bundesrat keinerlei Anstalten, das Gesetz anpassen zu wollen. Die Ersatzabgabe werde nicht rückwirkend erhoben, betont er. Wer bereits elf Abgaben entrichtet hat, werde nicht mehr ersatzpflichtig. Das stellte das Finanzdepartement als Antwort auf eine Anfrage von SP-Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf (51) klar.
Tatsächlich ist es so, dass Betroffene für die Zeit, bevor das Gesetz in Kraft getreten ist, nichts nachzahlen müssen. Sie werden aber für die Zeit danach zur Kasse gebeten.
Das reicht auch Seiler Graf nicht. In der Sicherheitskommission (SiK) hat sie den Antrag gestellt, das Thema nochmals vertieft zu prüfen. Sie hoffe, dass die SiK doch noch Verbesserungen aufgleist, «dass rückwirkende Zahlungen, wenn man aus der Zahlungspflicht entlassen ist oder bei einer Einbürgerung rückwirkend zahlen muss, nicht mehr möglich sind».