Für die SP war der Abstimmungssonntag kein guter Tag. Nebst der verlorenen Frontex-Abstimmung musste die Partei auch in zahlreichen Kantonen herbe Niederlagen einfahren. So hat der Kanton Zürich beispielsweise sehr deutlich gegen Stimmrechtsalter 16 und die Einführung einer Elternzeit gestimmt. Und im Aargau kämpften die Genossen vergebens gegen Steuersenkungen für profitable Firmen.
SP-Co-Chef Cédric Wermuth (36) sucht die Gründe für die Frontex-Schlappe nicht bei sich selbst, sondern bei den anderen. Im Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» kritisiert er, dass die Ja-Kampagne Angst vor einem Ausschluss aus Schengen/Dublin geführt hätte. «Der Tenor war: ‹Wenn die Schweiz nicht spurt, dann gibts Konsequenzen aus Brüssel!›» Diese Argumentation sei «ein totaler Knieschuss für die künftige Europapolitik».
Zudem hätte das Ja-Lager die Frontex-Vorlage «zu einer sicherheitspolitischen Diskussion hochstilisiert, was gerade im Kontext des Ukraine-Kriegs leider funktioniert hat».
Schweiz müsse näher an EU rücken
Aus Wermuths Sicht muss der Krieg für die Schweiz andere Konsequenzen haben. Er zeige, was passiere, wenn man sich in die Abhängigkeit autokratischer Regimes begebe. Damit muss Schluss sein, findet er. «Wir müssen dringend dafür sorgen, dass wir in strategischen Kernbereichen wie der Energieversorgung oder der Kommunikationstechnologie wieder souveräner werden», so Wermuth.
Und das gehe nur mit europäischer Zusammenarbeit. «Souveränität und Sicherheit kann es nur im europäischen Rahmen geben», findet der SP-Co-Präsident. «Nach diesem Angriffskrieg muss Europa unsere Perspektive sein. Wenn ein Tabu jetzt endlich fallen muss, dann das zum EU-Beitritt.»
«Ich will keinen schleichenden Nato-Beitritt»
Einer engeren Zusammenarbeit mit der Nato steht die SP indes sehr kritisch gegenüber. Es sei ihm bewusst, dass sich die Schweiz unter dem Sicherheitsschirm der Nato befinde. «Aber die Nato ist ein Militärbündnis, keine Wertegemeinschaft.» Er warne davor, «kopflos Verpflichtungen einzugehen, die wir in ein paar Jahren bereuen». Wermuth betont: «Ich will keinen schleichenden Nato-Beitritt.»
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Im «NZZ»-Interview kritisiert der SP-Co-Präsident ausserdem die Aufstockung des Armeebudgets, die der Nationalrat vergangene Woche beschlossen hat. Die Abschaffung der Armee, wie sie im Parteiprogramm der SP als Ziel festgehalten ist, sie derzeit nicht aktuell.
Die Partei sei sogar offen für ein höheres Militärbudget, allerdings mit einem gewichtigen Aber: Man müsse beweisen, dass die zusätzlichen Ausgaben wirklich nötig sind. «Aber jetzt rüsten wir völlig konzeptlos auf. Was das Parlament macht, ist Veruntreuung von Steuergeldern», wettert Wermuth. (lha)