Karin Keller-Sutter (59) ist die Chefin im Bundesrat. Einst konnte ihr Alain Berset (51) Paroli bieten. Doch der Romand ist seit den Corona-Leaks angezählt – und bald Geschichte. Elisabeth Baume-Schneider (59) hat dieses Standing nicht.
Eva Herzog (61) hätte man zugetraut, KKS die Stirn zu bieten. Einige Parlamentsmitglieder haben gerade deswegen einen anderen Namen in die Wahlurne gelegt. Nun mag Herzog nicht mehr.
Auf Augenhöhe mit Keller-Sutter
Als einzige linke Partei in der Regierung muss die SP-Spitze den Anspruch haben, Keller-Sutter jemanden auf Augenhöhe gegenüberzustellen. Die Sozialdemokraten wären gefordert, ein Alphatier zu nominieren. Bislang zeigt aber keines Interesse am Bundesratsjob.
Der Basler Regierungspräsident Beat Jans (59), der am Freitag in den Ring steigt, spielte zuvor im Nationalrat nicht fix in der ersten Liga. Er gilt als konfliktscheu, macht am Rheinknie zwar kaum Fehler, aber «verrupft au kei Strick».
Bleibt der Bündner Jon Pult (38). Ob der Nationalrat kandidiert, ist offen. Ihm sagten einst viele eine steile Karriere in Bundesbern voraus. Der Redegewandte ist bisher aber hinter seinen Möglichkeiten zurückgeblieben.
Wer ist da noch? «Ich, ich, ich!», ruft einer, der schon bei Simonetta Sommarugas (63) Nachfolge nicht stillsitzen konnte. Dass er sich dermassen in den Vordergrund drängte, sieht Daniel Jositsch (58) heute selbst als Fehler und erklärt es mit dem «Druck», der damals auf ihm lastete. Wer solchem Druck schon bei einer Kandidatur nicht standhalten kann, ist wenig für ein Amt geeignet, in dem es jeden Tag ernst gilt.
Wermuth und Co. machen die anderen wählbar
Noch nicht aus dem Rennen ist Cédric Wermuth (37). Der Co-Parteichef ist aber vor allem eines: für die Bürgerlichen ebenso wenig wählbar wie die Nationalräte Tamara Funiciello (33) und Fabian Molina (33). Alle drei Ex-Juso-Chefs hievt man höchstens aufs SP-Ticket, um die zweite Person darauf wählbar zu machen.
Aber wen? Statt zu warten, wer sich wohl so meldet, muss die SP-Zentrale ihre fähigsten Leute beknien. Immerhin hat die SP das Kandidatenfeld für alle geöffnet – Frauen wie Männer, Deutschschweizer und Romands.
Bundesrat, nicht Bachelor
Eine naheliegende Lösung ist Roger Nordmann (50). Zugegeben, der Ex-Fraktionschef hat nicht das Auftreten eines Bersets. Mit bewundernswerter Konsequenz sind ihm seine Anzüge immer leicht zu gross. Und Drei-Wetter-Taft ist der Feind seiner Frisur. Doch gesucht wird ein Bundesrat, kein Bachelor.
Hinter dem Spitzbuben mit Freude an der kleinen Provokation versteckt sich ein strategischer Kopf. Ein Typ, der Kompromisse schmieden kann. Und einer, der sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt. Man ist sich ja nicht bei jedem Bundesrat sicher, ob er seine Verwaltung oder sie ihn im Griff hat.
Alphatier par excellence
Klar ein Chef ist Gerhard Pfister (60). Der Mitte-Boss ist drauf und dran, die FDP am 22. Oktober zu überholen. Es gilt als offenes Geheimnis, dass Pfister im Spiegel stets einen Bundesrat erblickt. Dieses Format spricht ihm niemand ab. Pfister ist aktuell die fähigste Person an der Spitze einer Bundesratspartei. Allerdings erst, seit einer den Job an den Nagel gehängt hat: Christian Levrat (53).
Zwölf Jahre lang amtete Levrat als SP-Präsident, während bei den andern ein Kommen und Gehen war. Da gingen Toni Brunner (49, SVP) und Christophe Darbellay (52, CVP), bei der FDP kam für Fulvio Pelli (72) Philipp Müller (71), auf den Petra Gössi (47) folgte. Levrat blieb.
Risiko zweite Geige
Bis 2021, als er das Bundeshaus verliess, um Postpräsident zu werden. Levrats Polit-Pause dauert aber noch nicht so lange, dass er nicht mehr aufs politische Parkett zurückkehren könnte. Die SP-Leitung müsste alles unternehmen, um jemanden von Levrats Format zu finden.
Ihr Langzeitpräsident war über Jahre der einflussreichste Politiker im Bundeshaus – Bundesräte eingeschlossen. Konflikte scheut er nicht – auch nicht mit Keller-Sutter. Im Gegenteil: Gemeinsam konnten sie im Ständerat einiges bewegen. Das könnte, nein würde Levrat auch im Bundesrat.
Vielleicht begnügt sich die SP aber lieber damit, in der Landesregierung die zweite Geige zu spielen.