Auf einen Blick
- SP-Nationalrätin will Bankgeheimnis abschaffen. Bund hat akute Finanznöte
- Initiative zur Abschaffung des Bankgeheimnisses könnte vor dem Volk Chancen haben
- Schätzung: Mindestens 425 Milliarden Franken an undeklarierten Vermögen in der Schweiz
Der Bund hat akute Finanznöte. Sparprogramme und Steuererhöhungen stehen zur Debatte, um das Armeebudget zu erhöhen, hat das Parlament diese Woche die Entwicklungshilfe gekürzt. SP-Nationalrätin Andrea Zryd (49) glaubt, ein einfaches Mittel für das Stopfen der Milliardenlöcher gefunden zu haben – und das ganz ohne Sparhammer oder höhere Steuern.
Zryd will das Bankgeheimnis im Inland abschaffen. Die Sozialdemokratin aus dem Berner Seeland ist überzeugt: Ein automatischer Informationsaustausch für inländische Finanzkonten würde Milliarden an Schwarzgeldern zutage fördern. «Das Geld liegt vor unserer Nase, wir müssen nur zugreifen.» Doch der Nationalrat will davon nichts wissen: Er hat am Mittwoch eine parlamentarische Initiative von Zryd abgelehnt. Für die SP-Politikerin ist deshalb klar: «Die Abschaffung des Bankgeheimnisses muss vors Volk», wie sie gegenüber Blick sagt.
SP ist offen
Zryd möchte, dass so schnell wie möglich eine Initiative lanciert wird. «Der Zeitpunkt ist gut, die ehrlich arbeitenden Menschen haben die Nase voll davon, immer stärker zur Kasse gebeten zu werden, während einige ihr Geld vor dem Fiskus verstecken.» Ihr Anliegen hätte vor dem Volk viel bessere Chancen als im Parlament, ist die Sozialdemokratin überzeugt.
SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (38) zeigt sich gegenüber einer Initiative zur Abschaffung des Bankgeheimnisses im Inland nicht abgeneigt. Das Anliegen sei «prüfenswert», sagt er. «Als ich in die Politik gekommen bin, wäre eine solche Forderung noch ein Landesverrat gewesen. Heute teile ich die Einschätzung, dass sie vor dem Volk zu gewinnen wäre.»
Ob die SP bei dem Thema den Lead übernehmen soll, ist laut Wermuth nicht zwingend. Denn: Die Sozialdemokraten sind im kommenden Jahr mit Initiativen für faire Mieten und zur Prämienfinanzierung bereits stark gefordert.
Über 400 Milliarden Franken an Schwarzgeld?
Mit dem Bankgeheimnis hat Zryd ein Thema zurück aufs Tapet gebracht, um das es seit 2017 ruhig geworden war. Damals wurde das Bankgeheimnis gegenüber dem Ausland gekippt. Die Schweiz pflegt mittlerweile mit 111 Ländern einen automatischen Informationsaustausch.
Die Abschaffung des Bankgeheimnisses im Ausland hatte auch unter Schweizer Steuersündern erstaunliche Auswirkungen. Kurz vor 2017 schnellten auch in der Schweiz die Selbstanzeigen in die Höhe. Steuersünder wurden nervös, weil mit dem Informationsaustausch nicht deklariertes Geld auf ausländischen Konten aufzufliegen drohte. Laut einer ETH-Studie von 2023 legten alleine deshalb über 100'000 Schweizerinnen und Schweizer Schwarzgeld in der Höhe von 35 Milliarden Franken offen.
Dazu, wie viel Schwarzgeld Schweizerinnen und Schweizer im Inland verstecken könnten, gibt es keine Datenbasis. Doch Andrea Zryd sagt: «Es gibt keine Hinweise darauf, dass sich die Schweizer beim Thema Schwarzgeld im Inland anders verhalten als im Ausland.» Unterstützung erhält sie dabei vom Lausanner Ökonomieprofessor Marius Brülhart.
Er hat Zahlen aus einer Studie zum Kanton Luzern auf die ganze Schweiz hochgerechnet. Brülhart kommt zum Schluss: Man müsse schweizweit von mindestens 425 Milliarden Franken an undeklarierten Vermögen ausgehen.
Für die Linke ist klar, dass es das Bankgeheimnis Steuersündern einfach macht, Geld zu verstecken. Die bürgerlichen Verfechter des Bankgeheimnisses im Nationalrat argumentieren dagegen mit der Privatsphäre und der drohenden zusätzlichen Bürokratie für Behörden und Finanzinstitute.