«Wird keine Probleme mit Schengen geben»
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SP sagt Nein zu Frontex:«Wird keine Probleme mit Schengen geben»

SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer
Nein zu Frontex ist «ein Bekenntnis zu Europa»

Ein Nein zur Frontex-Vorlage würde das Schengen-Abkommen nicht beerdigen, ist sich SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer sicher. Genau davor warnt allerdings Justiziministerin Karin Keller-Sutter.
Publiziert: 05.02.2022 um 18:53 Uhr
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Aktualisiert: 05.02.2022 um 19:28 Uhr
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Kaum Debatte: Die Delegierten der SP-Schweiz ergriffen am virtuellen Parteitag die Nein-Parole zur Frontex-Erweiterung.
Foto: keystone-sda.ch
Gianna Blum

Die Debatte war kurz, das Resultat eindeutig: Mit 282 Stimmen zu 20 entschied sich eine deutliche Mehrheit der SP-Delegierten am Samstag an ihrem Parteitag, das Frontex-Referendum, das im Mai zur Abstimmung kommt, zu unterstützen.

Seit einigen Jahren rüstet die EU die Grenzschutzagentur Frontex mit mehr Geld und Personal aus. Auch die Schweiz muss sich als Schengen-Mitglied daran beteiligen. Doch gegen die Erweiterung des jährlichen Beitrags auf 61 Millionen haben Migranten-Organisationen das Referendum ergriffen, insbesondere wegen den Menschenrechtsverletzungen, die Frontex vorgeworfen werden.

Keller-Sutter: Ohne Frontex kein Schengen

Kein Thema am virtuellen SP-Parteitag war die europapolitische Sprengkraft eines Neins für die Schweiz. Doch letztere ist laut Justizministerin Karin Keller-Sutter (58) gross. Ein Erfolg des Referendums «würde ein Beendigungsverfahren von Schengen und Dublin auslösen», sagte sie – ebenfalls am Samstag – gegenüber den Zeitungen von «CH Media».

Spielraum gäbe es bei einem Erfolg des Referendums nicht, schreibt auch das Justizministerium (EJPD) auf Anfrage von Blick. Theoretisch könne der gemischte Ausschuss, in dem sämtliche Mitgliedsländer inklusive EU-Kommission sitzen, entscheiden, die Zusammenarbeit weiterführen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das innert der vorgeschriebenen 90 Tagen gelingt, sei allerdings «kaum vorhanden». Während die Schengen-Assoziierung Personenkontrollen an den Binnengrenzen beendet hat, regelt Dublin die Zusammenarbeit im Asylbereich.

SP-Meyer: Schweiz darf Fristen verpassen

Ausgerechnet die SP, die sich doch für eine verstärkte Zusammenarbeit mit Europa ausspricht, riskiert nun den Ausschluss aus dem Schengen-Verbund? Davon will SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (34) nichts hören – und widerspricht der Justizministerin. «Die EU wird das Schengen-Abkommen bei einem Nein zur Frontex an der Urne sicher nicht kündigen», ist sich Meyer sicher.

Es gebe «zig Beispiele aus der Vergangenheit, bei denen die Schweiz Fristen verpasst habe», hält Meyer fest. Und weist darauf hin, dass just die Frist für die Frontex-Übernahme genau genommen auch schon abgelaufen ist. «Das war nie ein Problem, solange der politische Wille zur Übernahme da war.»

Das SP-Nein sei vielmehr ein Bekenntnis zu mehr Europa, findet Meyer. «Die Schweiz soll sich vermehrt für eine humanitäre Flüchtlingspolitik engagieren und mehr Menschen Schutz bieten.» Dafür brauche es hierzulande aber eine Neuauflage der Vorlage.

SGB erwägte Stimmfreigabe

Nicht alle im linken Lager stehen dem Abstimmungskampf so gelassen gegenüber wie Meyer. Beim Gewerkschaftsbund hatte das Sekretariat dem Vorstand gar Stimmfreigabe nahe gelegt – wohl nicht zuletzt aus europapolitischen Überlegungen. Letztlich entschied sich aber auch der SGB zur Nein-Parole.

«Ich persönlich hätte das Referendum nicht ergriffen», räumt Eric Nussbaumer (61), SP-Nationalrat und überzeugter Europäer, ein. Jetzt wo es da sei, müsse aber «die humanitäre Situation an Europas Aussengrenzen» im Fokus stehen.

«Zu sagen, dass das Referendum direkt zum Ende von Schengen führen würde, ist nichts anderes, als sich hinter Paragrafen zu verstecken», moniert der SP-Nationalrat. Er spielt den Ball zurück: Es sei am EJPD, nun Antworten auf die humanitäre Frage zu finden.


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