Solar-Initiator Peter Bodenmann ist hässig
«Grengiols wurde kastriert!»

Aus mega wird mini: Das geplante Solarprojekt in Grengiols VS wurde massiv verkleinert. Statt Solarpanels für 400’000 Haushalte sollen noch solche für 37’000 Haushalte installiert werden. Initiator und Ex-SP-Präsident Peter Bodenmann teilt nun gegen alle Seiten aus.
Publiziert: 15.05.2023 um 19:08 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2023 um 14:24 Uhr
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So gross sollte die Solaranlage in Grengiols VS werden.
Foto: Visualiserung: IG Saflischtal.
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Sermîn FakiPolitikchefin

Herr Bodenmann, Sie waren einer der ersten Promotoren fürs Mega-Projekt Grengiols* Solar. Haben Sie wirklich gedacht, dass die Anlage in der ursprünglichen Grösse realisierbar ist oder war das einfach Grössenwahn?

Peter Bodenmann: Ich war nicht einfach einer der Promotoren – ich war es, der die Idee hatte! Leider haben vorerst solare Nichtschwimmer das Projekt gekapert.

Warum sollten sie das tun?

Solche Freiflächenanlagen in den Alpen sollen mit 60 Prozent subventioniert werden. Aber damit auch ja alle Regionen von diesem Geldregen profitieren, musste Grengiols kastriert werden. Würde man Grengiols und Vispertal wie angedacht bauen, wäre ein grosser Teil des Kuchens nämlich schon weg. Der Schaden ist begrenzt, da vorerst alles blockiert bleibt.

Wie das?

Damit es (zu hohe) Subventionen regnet, muss der erste Strom ja schon 2025 fliessen. Doch bis dahin wird keine einzige Anlage in Betrieb gehen, weil Grüne und Landschaftsschützer gegen alle Einsprachen erheben werden.

War der Walliser Ständerat Beat Rieder also schlecht beraten, als er den Solarexpress aufgleiste, der festschreibt, dass die Projekte bis 2025 schon Strom liefern müssen?

Nein, nein, er und der Zürcher Ständerat …

… Ruedi Noser?

Genau. Die beiden wurden von der Alpiq instrumentalisiert. Denn diese Boni-Stromer wollen beim Umbau der alpinen Solarenergie abkassieren. Diese Subventionsjäger liefern den sogenannten Landschaftsschützern gratis Munition.

Peter Bodenmann

Peter Bodenmann (71) ist eine der grossen Figuren der Schweizer Sozialdemokratie. Von 1990 bis 1997 war der Walliser Jurist Präsident der SP Schweiz. Er absolvierte die klassische politische Karriere vom Gemeinderat in Brig-Glis VS bis zum Nationalrat. 1997 wurde Bodenmann in die Walliser Regierung gewählt – als erster Sozialdemokrat überhaupt. Seit seinem Rückzug aus der Politik leitet er ein Hotel in Brig.

Bodenmann gehört noch immer zu den streitbarsten, aber auch überraschendsten Stimmen der Schweiz.

Peter Bodenmann (71) ist eine der grossen Figuren der Schweizer Sozialdemokratie. Von 1990 bis 1997 war der Walliser Jurist Präsident der SP Schweiz. Er absolvierte die klassische politische Karriere vom Gemeinderat in Brig-Glis VS bis zum Nationalrat. 1997 wurde Bodenmann in die Walliser Regierung gewählt – als erster Sozialdemokrat überhaupt. Seit seinem Rückzug aus der Politik leitet er ein Hotel in Brig.

Bodenmann gehört noch immer zu den streitbarsten, aber auch überraschendsten Stimmen der Schweiz.

Aber solche Projekte wie Grengiols wären ohne Subventionen doch gar nicht möglich?

Ach was! Schauen Sie nach Deutschland, wo ein schöner Teil der Freiflächen-Solar-Anlagen bereits ohne Subventionen auskommt. Oder nach China, wo gigantische Anlagen auf 4000 Metern Höhe gebaut werden – zu einem Bruchteil des Preises, den man den Steuerzahlern und Konsumenten in der Schweiz verrechnen will. Noch leben wir hinter dem Mond.

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Wie meinen Sie das?

Irgendwann wird auch der Hinterletzte merken, dass wir ohne grosse Freiflächenanlagen in den Alpen keine Chance haben, genügend Winterstrom zu produzieren. Wie soll es denn sonst gehen? Die Hüslidächer vollzupflastern ist erstens sackteuer und zweitens bringt das nicht genug Winterstrom. Dann bauen wir dann die grossen Anlagen wie Grengiols eben doch.

Sie haben sich mit Ihrer Grengiols-Idee eine blutige Nase geholt.

Wir sind im ersten Drittel. Abgerechnet wird in zehn Jahren. Zum Schluss bekomme ich recht. Es geht ja gar nicht anders. Aber weder Simonetta Sommaruga noch ihr Nachfolger Albert Rösti kämpfen wie der deutsche Umweltminister Habeck. Ach, und noch was …

Ja, bitte?

Jetzt kommen die Grünen und Landschaftsschützer und reden von den ach so touristisch wertvollen Landschaften. Pfiiffedeckel! Die Nachfrage nach diesem sanften Tourismus ist sehr bescheiden. Im Binntal stirbt ein touristischer Betrieb nach dem andern. Die Schweizer Kleinbürgerin sagt: «Ach, wie schön ist das Saflischtal» – und fährt dann zum Flughafen Kloten, um nach Teneriffa zu fliegen. Ganz besonders trifft das auf die grünen Wähler zu, das sind die schlimmsten Umweltsünder.

Das ist Ihre Sicht! Ihnen ist es auch nicht gelungen, dafür zu sorgen, dass Grengiols Solar in der ursprünglichen Grösse gebaut wird.

Noch nicht. Ich wollte für Grengiols eine kompetente politische und technische Begleitgruppe ins Leben rufen und habe dafür viele Leute wie alt Bundesrat Pascal Couchepin angefragt. Fast alle haben zugesagt. Der zuständige Staatsrat Roberto Schmid hat die Gemeinde zum Nulltarif über den Tisch gezogen. Seine Angestellten wollen sich von niemandem dreinreden lassen. Wer in den Alpen solare Freiflächenanlagen realisieren will, muss den Umweltbewegungen entgegenkommen: Verzicht auf die unsinnigen Wasserkraftanlagen des runden Tisches. Erhöhung der Restwassermengen. Stilllegung von Kleinwasserkraftwerken, die nur Sommerstrom produzieren.

*ausgesprochen: Grängelsch

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