Auf diesen Tag haben Sol Ahmad (41) und Marc Nievergelt (50) lange gewartet. Am Freitagnachmittag geben sich die beiden Männer auf dem Zürcher Standesamt das Jawort. Sie sind eines der ersten homosexuellen Paare in der Schweiz, die heiraten.
Nachdem die Stimmbevölkerung die Ehe für alle vergangenen Herbst deutlich annahm, tritt heute Freitag nun die Gesetzesänderung in Kraft – und ab sofort können auch Lesben und Schwule den Bund der Ehe schliessen. Die Schweiz ist das 17. Land in Europa, das die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare öffnet.
Die meisten Hochzeiten sind Umwandlungen
Die Heirat habe für sie vor allem – aber nicht nur – symbolischen Wert, sagt Nievergelt. Sie sei ein Zeichen gegenüber sich selbst, dem Partner – und der Gesellschaft. «Die gleichen Rechte für alle – das ist uns wichtig», sagt Ahmad. Darum stand für beide fest: Nun, wo sie heiraten können, wollen sie keinen Tag länger ledig bleiben.
Nicht länger warten wollen auch viele andere homosexuelle Paare. Allein in der Stadt Zürich schliessen am Freitag 26 gleichgeschlechtliche Paare die Ehe. Eine grosse Mehrheit der Heiratswilligen lebt bereits in eingetragener Partnerschaft und lässt diese nun in eine Ehe umwandeln. In Zürich handelt es sich bei 24 Hochzeiten, die heute Freitag stattfinden, um Umwandlungen, in Bern bei fünf von acht. In Basel-Stadt werden elf eingetragene Partnerschaften zu Ehen, in Luzern drei und in St. Gallen eine. Hochzeiten von Paaren, die bisher nicht in eingetragener Partnerschaft gelebt haben, gibt es in diesen drei Städten am Freitag nicht.
Eltern fürchteten sich vor Reaktionen
Doch nicht nur die Heirat wird auf den 1. Juli für gleichgeschlechtliche Paare möglich. Auch die gemeinsame Adoption und im Falle lesbischer Paare auch die Samenspende ist neu möglich.
Sol Ahmad und Marc Nievergelt haben derweil nicht vor, Eltern zu werden. Für den Grafikdesigner und den Vintage-Kleiderladenbesitzer steht im Moment die Arbeit im Vordergrund. Die beiden Kreativen haben sich vor fünf Jahren in Berlin kennengelernt und pendeln heute zwischen Zürich und Paris.
Dass sie heiraten, war nicht für alle eine freudige Nachricht. Ahmad stammt aus Syrien, wo Homosexuelle aufgrund ihrer sexuellen Orientierung im Gefängnis landen können. Seine Eltern leben nach wie vor dort. «Dass ich schwul bin und einen Freund habe, war für meine Eltern kein Problem», sagt er. Die Hochzeitspläne aber seien anfangs nicht gut angekommen. «Sie hatten Angst davor, wie die Gesellschaft damit umgeht.»
Inzwischen würden aber auch seine Eltern hinter dem Entscheid stehen. «Sie fragten mich, ob ich mit meinem Partner glücklich bin. Dann waren es letztlich auch sie.»
«Es wird ein grosses Fest geben»
Die Hochzeit muss das Paar dennoch ohne Ahmads Eltern feiern, da diese für den Besuch in der Schweiz kein Visum erhielten. Dennoch freuen sie sich sehr auf die Hochzeit. «Es wird ein grosses Fest geben», erzählt Nievergelt.
Nach der Trauung auf dem Standesamt geht es zum Apéro und dann weiter zum Festessen in einem Ur-Zürcher Restaurant. Ganz klassisch. Nur, dass es eben zwei Männer sind, die an diesem Abend in der Zunftstube auf den Bund der Ehe anstossen.