Auf einen Blick
- Ab 2025 gilt in der Schweiz ein Verhüllungsverbot mit Ausnahmen
- Verbot betrifft religiöse Gesichtsschleier, Hooligans und vermummte Demonstranten
- 51,2 Prozent stimmten für das Verbot, Verstösse kosten 100 Franken
Ab dem Neujahrstag darf in der ganzen Schweiz an öffentlich zugänglichen Orten niemand mehr das Gesicht verhüllen. Dann gilt das vom Volk 2021 beschlossene «Burka-Verbot». Wer sich nicht daran hält, muss mit einer Sofortbusse von 100 Franken rechen. Aber es gibt eine Reihe von Ausnahmen.
Mit dem Gesichtsverhüllungsverbot wurden in der Schweiz erstmals Kleidervorschriften in der Bundesverfassung festgeschrieben. Tangieren dürfte das neue Gesetz zur Umsetzung der sogenannten Burka-Initiative allerdings nur wenige.
Das Verbot und allfällige Bussen könnten vor allem muslimische Touristinnen treffen, die Gesichtsschleier wie Burka oder Niqab tragen. Ob Gäste aus dem Nahen und Mittleren Osten aber deswegen der Schweiz fernbleiben, wie von Touristikern befürchtet, bleibt vorerst offen.
In der Schweiz leben gegen 400'000 Musliminnen und Muslime. Nur wenige von ihnen verschleiern gemäss dem Bundesrat ihr Gesicht.
Auch gegen Hooligans und Demonstranten
Das neue Gesetz zur Umsetzung der sogenannten Burka-Initiative umfasst allerdings nicht nur religiöse Gesichtsschleier. Das Verbot richtet sich auch gegen Hooligans an Sportveranstaltungen oder gewalttätige Demonstrierende, die sich vermummen.
Der frühere SVP-Parteipräsident Marco Chiesa wertete das Verbot nach der mit 51,2 Prozent Ja-Stimmen gewonnenen Volksabstimmung als «klares Zeichen gegen den radikalen Islam, gegen vermummte Chaoten und für das friedliche Zusammenleben der Menschen in der Schweiz».
Hinter der 2021 von Volk und Ständen gutgeheissenen Burka-Initiative stand das sogenannte Egerkinger Komitee. Dieses lancierte neben jenem Volksbegehren einst auch die 2009 angenommene Initiative gegen den Bau von Minaretten.
Bereits mehr als die Hälfte der Kantone kennt ein Vermummungsverbot bei Demonstrationen. Das Tessin setzte als erster Kanton 2016 ein Verhüllungsverbot in Kraft, St. Gallen folgte 2019. Die neuen Bestimmungen des Bundes übersteuern jedoch die kantonalen Gesetze.
Zahlreiche Ausnahmen
Das nationale Gesetz sieht eine ganze Reihe von Ausnahmen vom Verhüllungsverbot vor. Erlaubt bleibt etwa die Verhüllung des Gesichts in Gotteshäusern, an der Fasnacht, zu Halloween, zum Schutz gegen Kälte oder zum Gesundheitsschutz. Behörden können Verhüllungen ausserdem an Demonstrationen bewilligen, wenn diese zur Ausübung der Grundrechte der Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit notwendig sind.
Auch in Flugzeugen und in diplomatischen und konsularischen Räumen bleiben Gesichtsschleier legal. Zulässig ist die Verhüllung obendrein für künstlerische und unterhaltende Darbietungen sowie zu Werbezwecken.
«Bedenklichen Signal an alle Minderheiten»
Kritikerinnen des Verhüllungsverbots sprachen nach der Volksabstimmung von einem «bedenklichen Signal an alle Minderheiten». Weder verhindere ein Burka-Verbot religiöse Radikalisierung, noch trage es zur Gleichstellung bei, sagte etwa Tamara Funiciello, Co-Präsidentin der SP Frauen.
Die Muslime in der Schweiz berichteten von Angst. «Wir wissen nicht, was als Nächstes kommt. In Frankreich haben wir nach der Einführung des Verhüllungsverbots einen Anstieg der Gewalt erlebt», sagte Pascal Gemperli, Sprecher der Föderation Islamischer Dachorganisationen in der Schweiz.
Die Schweiz steht mit ihrem landesweiten Verhüllungsverbot anders als bei der Minarett-Initiative nicht alleine da. Frankreich kennt seit 2011 ein Verhüllungsverbot. Österreich, Belgien, Dänemark und die Niederlande folgten.
100 Franken Ordnungsbusse
Verstösse gegen das Verhüllungsverbot können die Polizeien mit Ordnungsbussen ahnden. Diese betragen 100 Franken, die direkt vor Ort beglichen werden können. Weigert sich jemand, kommt es zu einem ordentlichen Verfahren. Dann liegt der maximale Strafrahmen bei 1000 Franken. Im Kanton St. Gallen wurde in den ersten fünf Jahren nach Einführung des Burka-Verbots kein einziger Verstoss geahndet.