Wer eine Frage zur Isolation oder Quarantäne hat, kann sich auch mitten in der Nacht beim Zürcher Contact Tracing melden. Weil der Berg von Anfragen sonst nicht mehr zu schaffen ist, ist die Hotline des Kantons seit vergangener Woche rund um die Uhr in Betrieb.
Das Contact Tracing selbst meldet sich längst nicht mehr bei jedem und jeder telefonisch. Wessen Test positiv ausgefallen ist, der erhält in Zürich nur noch ein SMS. Darin wird er oder sie gebeten, einen Online-Fragebogen auszufüllen und enge Kontaktpersonen aufzulisten.
Auch andere Kantone beschränken sich inzwischen aus Kapazitätsgründen aufs Versenden von SMS oder Mails. Teilweise werden Infizierte sogar gebeten, die Kontaktpersonen selbst zu informieren, weil das Contact Tracing dafür zu lange braucht. Das ist beispielsweise im Aargau oder in Zug der Fall.
Erleichterung bringt kaum Erleichterung
Der Bundesrat hat nun zwar entschieden, dass nur noch Personen in Quarantäne müssen, die im gleichen Haushalt leben wie die infizierte Person oder einen vergleichbar regelmässigen und engen Kontakt hatten. Zudem sind all jene von der Quarantäne ausgenommen, die vor weniger als vier Monaten geimpft oder geboostert wurden oder genesen sind. In den meisten Kantonen gilt diese Regel aber jetzt schon, nachdem das Bundesamt für Gesundheit Ende Jahr die Kantonsregierungen dazu aufgerufen hatte, die Quarantäneregeln in Eigenregie zu lockern.
Ausserdem steigen die Ansteckungszahlen in solch horrendem Tempo, dass der Effekt der Massnahme, kaum eingeführt, schon wieder verpufft. So waren am Dienstag noch rund 150'000 Personen entweder in Quarantäne oder Isolation. Heute sind es bereits knapp 220'000. Und das sind nur die Zahlen, die das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erfasst hat. Da die Angaben einiger Kantone fehlen, sind es in Tat und Wahrheit Zehntausende mehr.
Keine Zeit für Kontrollen
Mit dem Hinterhertelefonieren so am Limit haben einige Kantone auch nicht mehr das Personal, um zu kontrollieren, ob die Quarantäne- und Isolationsanordnungen auch eingehalten werden. «Die Kontrollen mussten aktuell aus Kapazitätsgründen reduziert werden», teilt der Kanton Thurgau auf Nachfrage mit. Und der Kanton St. Gallen schreibt, dass man aufgrund der starken Auslastung Verstösse gegen die Quarantäne- und Isolationsvorschriften nicht systematisch erhebe.
Bei der Kontaktverfolgung helfen würde auch die Swiss-Covid-App: Wer positiv getestet worden ist, kann dort einen Code eingeben, womit automatisch Kontaktpersonen, die ebenfalls die App installiert haben, informiert werden. Allerdings tragen derzeit gerade einmal rund 1500 Personen pro Tag einen Code in die App ein – was etwa fünf Prozent aller Infizierten entspricht.
Das BAG wehrt sich gegen den Eindruck, dass die App bei der Pandemiebekämpfung keine Rolle mehr spielt – falls sie das denn überhaupt je tat. Beim Bund ist man nach wie vor überzeugt: «Die Swiss-Covid-App dient als Hilfsmittel zur Bekämpfung der Pandemie und ergänzt nach wie vor die anderen Massnahmen.»
Keine automatischen App-Codes
Ein Grund dafür, dass die App kaum mehr genutzt wird, könnte sein, dass zumindest in einigen Kantonen Infizierte nicht automatisch einen Code für die App erhalten, sondern ihn explizit anfordern müssen. Aurel Köpfli von der Zuger Gesundheitsdirektion sagt: «Das Erzeugen eines Codes ist jeweils mit einem gewissen Aufwand verbunden, da verschiedene Daten genau erfasst werden müssen. Da die App aktuell nur von einem sehr kleinen Teil der Bevölkerung genutzt wird, wäre ein Ausstellen eines Codes in jedem Fall nicht effizient.»
Laut BAG ist es «nicht so angedacht», dass «positiv getestete Personen sich selbst um einen Covid-Code bemühen müssen». Das Amt zeigt aber offenbar ein gewisses Verständnis: «In der gegenwärtigen Lage – aufgrund der hohen Fallzahlen – stossen alle Systeme an die Kapazitätsgrenzen.»