«Sind Sie ein Feigling?»
Waffenfreunde verspotten Amoklauf-Opfer Jo Lang

Alt Nationalrat Jo Lang argumentiert mit dem Zuger Amoklauf von 2001 für das verschärfte Waffenrecht und löst eine heftige Kontroverse aus. Die Reaktionen sind unter der Gürtellinie.
Publiziert: 23.04.2019 um 10:05 Uhr
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Aktualisiert: 23.04.2019 um 16:33 Uhr
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Alt Nationalrat Jo Lang argumentiert mit dem Zuger Amoklauf von 2001 für das neue Waffengesetz.
Foto: Keystone
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Es war der schlimmste Amoklauf der Schweiz: Am 27. September 2001 tötete Friedrich Leibacher im Zuger Kantonsrat 14 Politiker und verletzte viele weitere Personen, bevor er sich selber das Leben nahm. 91 Schüsse gab Leibacher ab – unter anderem mit einem Sturmgewehr 90.

Zu den Überlebenden des Zuger Attentats gehört der grüne alt Nationalrat Jo Lang (64). Er nimmt die Tat nun als Argument für das verschärfte Waffenrecht, das halbautomatische Waffen mit grösseren Munitionsmagazinen im Grundsatz verbietet. «Hätte der Mörder im Zuger Kantonsratssaal ein 10er- statt ein 30er-Magazin gehabt, dann hätte er es für 91 Schüsse nicht zweimal, sondern achtmal wechseln müssen», schreibt er in einem Tweet. «Abgesehen von der Verzögerung ist der Magazinwechsel die einzige Chance, einen Täter zu überwältigen.»

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Damit sticht Lang in ein Wespennest. Die Reaktionen der Waffenfreunde sind hart bis beleidigend. Das offizielle Gegner-Komitee zielt gar unter die Gürtellinie und stempelt den Grünen Lang indirekt zum «Feigling», der den Amoklauf trotz «zwei Chancen» nicht zu stoppen vermochte. 

SVP-Nationalrat gibt Behörden Mitschuld

So twittert das offizielle Gegenkomitee als Antwort auf Langs Tweet: ««Sie waren dabei. Sie hatten zwei Chancen. Eine mehr, als Sie offenbar benötigt hätten.» Und stellt daraufhin spöttisch die Frage: «Sind Sie ein Feigling oder ist Ihr Beim-Nachladen-den-Täter-überwältigen-Geschichtchen einfach schwindelerregender Blödsinn?»

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Andere Waffenfreunde geraten gleich vollends ins Abseits: SVP-Nationalrat Claudio Zanetti (51, ZH) versteigt sich dazu, den Zuger Behörden eine Mitschuld am Attentat in die Schuhe zu schieben. «Und wenn ihn die Zuger Behörden nicht wie Dreck behandelt hätten, wäre es vielleicht auch anders gekommen», twittert er.

CVP-Pfister findets «absolut daneben»

Die Kontroverse ruft einen weiteren Amoklauf-Überlebenden auf den Plan: CVP-Präsident Gerhard Pfister (56). Er fordert Zanetti auf, den Tweet zu löschen: «Aus Respekt vor den Opfern. Den Behörden eine wie auch immer geartete ‹Mitschuld› am Attentat zuzuschreiben, ist völlig abwegig und falsch.»

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Doch auch für Lang gibt es Schelte von Pfisters Seite. Mit dem Zuger Attentat für die Änderung des Waffenrechts zu argumentieren, sei ebenfalls abwegig und falsch. «Egal ob pro oder contra.»

Und in einem späteren Tweet schiebt der CVP-Mann nach, dass er «diese Instrumentalisierung des Attentats für absolut daneben» hält.

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Lang wehrt sich

Lang wehrt sich gegen Pfisters Vorwurf, das Zuger Attentat zu instrumentalisieren. «Die CVP selbst argumentiert mit dem Bataclan-Attentat von Paris für die Revision, auch da wurden 30er-Magazine verwendet – wie in Zug», sagt er zu BLICK. Die Magazingrösse sei ein wichtiger Punkt im neuen Gesetz und müsse ernsthaft diskutiert werden.

«In dieser Debatte muss auch das Attentat von Zug Platz haben», so Lang. Denn: «Zug war mit ein Grund, weshalb die Waffengesetzte in der Schweiz verschärft wurden. Und es ist eine konkrete Erfahrung, weshalb auch jetzt eine weitere Verschärfung des Waffengesetzes notwendig und sinnvoll ist.»

Dass er vom Nein-Komitee indirekt als «Feigling» tituliert wird, will Lang hingegen nicht kommentieren. «Auf dieses Niveau lasse ich mich nicht herab», so Lang.

Die Kontroverse belegt einmal mehr: Der Abstimmungskampf um das Waffenrecht ist aggressiv wie selten zu vor. Dreieinhalb Wochen vor dem Abstimmungstermin tobt ein heftiger Kampf – auch mit Beleidigungen und Einschüchterungsversuchen.

Nachtrag: Und dieser tobt auch intern bei den Waffenrechtsgegnern:  Das offizielle Gegner-Komitee distanziert sich von Zanettis Tweet. «Herr Zanetti spricht nicht für uns.» Die Aussage, die Zuger Behörden treffe eine Mitschuld, sei «verquer.»

Eidgenössische Abstimmungen am 19. Mai 2019

Die Schweiz stimmt im Mai über zwei Vorlagen ab. BLICK erklärt, um was es genau geht.

  • Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung
    Die Grundlagen und kniffligsten Fragen verständlich erklärt
  • Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Richtlinie zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
    Das veränderte Waffenrecht in 12 Punkten erklärt.

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    Die Grundlagen und kniffligsten Fragen verständlich erklärt
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Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.

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