Zwei Bundesräte werben für die AHV-Steuervorlage
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Abstimmung am 19. Mai:Zwei Bundesräte werben für die AHV-Steuervorlage

BLICK erklärt den AHV-Steuer-Deal
Ist es wirklich alter Wein in neuen Schläuchen?

Diese Vorlage hat Ueli Maurer aus dem SRF-Studio vertrieben: Am 19. Mai entscheidet das Stimmvolk über den AHV-Steuer-Deal. BLICK beantwortet dazu die wichtigsten Fragen.
Publiziert: 10.04.2019 um 13:35 Uhr
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Aktualisiert: 15.05.2019 um 10:48 Uhr
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Sie kämpfen an vorderster Front für den AHV-Steuer-Deal: Bundespräsident Ueli Maurer und Bundesrat Alain Berset.
Foto: Keystone
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Am 19. Mai entschiedet das Stimmvolk über den AHV-Steuer-Deal. Der «Kuhhandel» war im Parlament umstritten, weil er die neue Unternehmenssteuerreform mit einer AHV-Zusatzfinanzierung verquickt. BLICK erklärt, was Sie über das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF), wie die Vorlage offiziell heisst, wissen müssen.

Warum kam es zum «Kuhhandel»?

Der AHV-Steuer-Deal ist das Resultat zweier gescheiterter Grossprojekte. Im Februar 2017 schickte das Stimmvolk die Unternehmenssteuerreform III wuchtig bachab. Mit 59 Prozent Nein zeigten die Stimmberechtigten SVP-Finanzminister Ueli Maurer (68) die rote Karte. Nicht anders erging es SP-Sozialminister Alain Berset (47) wenige Monate später: Im September 2017 sagte das Stimmvolk mit 53 Prozent Nein zu seiner Rentenreform.

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Das brachte den Bundesrat in die Bedrouille. Denn wegen der umstrittenen Steuerprivilegien für internationale Holdings droht die Schweiz auf eine schwarze Liste der OECD zu geraten. Und bei der AHV drängen die Babyboomer in Rente – was entsprechende Kosten verursacht.

Das doppelte Nein legte damit die Basis für einen «gut eidgenössischen Kompromiss und eine Güterabwägung», wie Maurer nun im «SonntagsBlick» erklärt. Im Wissen darum, dass es für eine neue Steuervorlage einen sozialen Ausgleich braucht, schnürten führende Politiker aus SP, CVP und FDP im Ständerat ein Paket. 

Worum geht es beim Steuer-Teil?

Die Steuervorlage orientiert sich in den Grundzügen an der abgelehnten Unternehmenssteuerreform III. Doch in wichtigen Punkten wurde das Geschäft entschärft. Das sind die wichtigsten Punkte:

  • STEUERPRIVILEGIEN: Die international nicht mehr akzeptierten Steuerprivilegien für Statusgesellschaften werden abgeschafft.
     
  • DIVIDENDEN: Dividenden auf Beteiligungen von mindestens 10 Prozent werden beim Bund zu mindestens 70 Prozent besteuert, bei den Kantonen zu mindestens 50 Prozent.
     
  • ZINSABZUG: Hochsteuerkantone können den Abzug eines fiktiven Zinses auf überschüssigem Eigenkapital zulassen. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer. Voraussichtlich profitiert davon nur der Kanton Zürich.
     
  • FORSCHUNG: Kosten für Forschung und Entwicklung im Inland kann zu 150 Prozent von den Steuern abgezogen werden.
     
  • PATENTBOX: In der Patentbox können die Kantone Erträge aus Patenten ermässigt besteuern.
     
  • STILLE RESERVEN: Unternehmen, die ihren Sitz in die Schweiz verlegen, können aufgedeckte stille Reserven während 10 Jahren abschreiben. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer.
     
  • MINDESTBESTEUERUNG: Die gesamte Entlastung durch Zinsabzug, Patentbox, Forschungsabzüge und gesonderte Besteuerung stiller Reserven ist auf 70 Prozent begrenzt.
     
  • KAPITALEINLAGEPRINZIP: Das Kapitaleinlageprinzip, mit dem Unternehmen steuerfrei Milliarden an ihre Aktionäre ausschütten können, wird eingeschränkt. Ein Entgegenkommen gegen der Linken.
     
  • BUNDESSTEUER: Der Anteil der Kantone an der direkten Bundessteuer wird von 17 Prozent auf 21,2 Prozent erhöht. Das verschafft den Kantonen den Spielraum für die Senkung der Gewinnsteuersätze.
     
  • GEMEINDEKLAUSEL: Im Zusammenhang mit dem höheren Kantonsanteil müssen neu auch Städte und Gemeinden berücksichtigt werden. Diese Bestimmung hat keine rechtsverbindliche Wirkung.

Den Bund kostet die Steuervorlage unter dem Strich rund 700 Millionen Franken. Setzen die Kantone ihre Pläne in die Tat um, verlieren sie gesamthaft rund 1,3 Milliarde Franken. Damit belaufen sich die Kosten insgesamt auf 2 Milliarden Franken. 

Wer berappt die AHV-Zusatzfinanzierung?

Als sozialer Ausgleich zu den Steuerausfällen soll der gleiche Betrag in die AHV fliessen: zwei Milliarden Franken! Das funktioniert wie folgt:

  • LOHNBEITRÄGE: Der Löwenanteil wird über eine Erhöhung der Lohnprozente um 0,3 Prozent – je hälftig für Arbeitgeber und Arbeitnehmer – finanziert. Auf 1000 Franken Lohn bezahlt also jeder Arbeitnehmer 1.50 Franken zusätzlich in die AHV. Insgesamt kommen so rund 1,2 Milliarden Franken zusammen.
     
  • MEHRWERTSTEUER: Gut 530 Millionen Franken fliessen zusätzlich aus der Mehrwertsteuer in die AHV-Kasse. Dabei geht es um das sogenannte Demografie-Prozent, welches nun vollständig den Renten zugute kommen soll.
     
  • BUNDESANTEIL: Künftig wird der Bund einen höheren Anteil der AHV-Ausgaben stemmen: 20,2 statt wie bisher 19,55 Prozent. Das bringt rund 300 Millionen Franken.

Der finanzielle Zustupf verschafft der AHV eine Verschnaufpause. Damit bekommt die Politik mehr Zeit für eine grössere AHV-Reform.

Wer ist dafür?

Mit Bundespräsident und Finanzminister Ueli Maurer (68) sowie Sozialminister Alain Berset (47) kämpfen gleich zwei Bundesräte an vorderster Front für die Vorlage. Sie wissen eine breite Allianz aus Parteien, Wirtschaft und Verbänden hinter sich.

Für ein Ja kämpfen zum Beispiel: SP, FDP, CVP, BDP, Economiesuisse, Gewerbeverband, Arbeitgeberverband und Gewerkschaftsbund. Angeführt wird die Kampagne von Economiesuisse. Die Vorlage stärke den Werk- und Forschungsplatz Schweiz und leiste einen Beitrag zu Rentensicherheit.

Die Linke liebt vor allem den AHV-Teil, weil damit ein starker Umverteilungseffekt von Gutverdienenden zu Schlechtverdienenden verbunden ist.

Wer ist dagegen?

Drei verschiedene Komitees haben das Referendum gegen die Vorlage ergriffen. Aus unterschiedlichen Motiven. Zu den Gegnern gehören zum Beispiel: Grüne, Grünliberale, Solidarités, PdA, Juso, Junge SVP oder die Gewerkschaft VPOD. Auch die SVP-Fraktion hatte sich im Parlament mehrheitlich gegen die Vorlage ausgesprochen, mittlerweile hat die Partei aber Stimmfreigabe beschlossen.

Eine links-grüne Allianz sieht in der Vorlage bloss «alten Wein in neuen Schläuchen» und wehrt sich gegen den erneuten «Steuerbschiss». Die Vorlage «führt zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe und befeuert das schädliche interkantonale und internationale Steuerdumping».

Hinter dem bürgerlichen Nein-Komitee stecken in erster Linie die Junge SVP sowie jungfreisinnige Politiker. «Wir stehen für den Mittelstand ein, doch mit diesem Deal zahlt der Mittelstand die Zeche», sagt Camille Lothe (25), Präsidentin der JSVP des Kantons Zürich. Sie stört sich vor allem an der AHV-Zusatzfinanzierung, die eine strukturelle AHV-Reform bremse.

Ähnlich argumentiert ein von den Jungen Grünliberalen geprägtes Generationenkomitee. Dieses bezeichnet die Verknüpfung der beiden Themen zudem als «Erpressungsversuch».

Was passiert nach einem Ja?

Bei der Unternehmenssteuer: Mit einem Ja ist der Konflikt mit der OECD um die verpönten Steuerprivilegien gelöst. Doch die Umsetzung der neuen Reform wird in machen Kantonen noch für politische Kämpfe sorgen – vor allem wegen der Senkung der Gewinnsteuern.

Bei der AHV: Der Bundesrat will noch im Sommer 2019 eine AHV-Reform vorlegen, die auch strukturelle Anpassungen beinhaltet. Dazu gehört die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65. Finanziell bringt ein Ja am 19. Mai eine Verschnaufpause für den AHV-Fonds, doch bereits ist eine weitere Mehrwertsteuer-Erhöhung zugunsten der AHV-Kasse absehbar. Allerdings dürfte diese tiefer ausfallen als vom Bundesrat zuerst geplant – nämlich nur 0,7 statt 1,5 Prozent zusätzlich.

Was passiert nach einem Nein?

Bei der Unternehmenssteuer: Klar ist, das die Schweiz die Sonderprivilegien für internationale Konzerne streichen muss, sonst droht ihr die «schwarze Liste» mitsamt den damit verbundenen Konsequenzen. Um das zu verhindern, müssten die Kantone die Gleichbehandlung aller Firmen bei der Gewinnsteuer in Eigenregie vorantreiben – ohne Zustupf des Bundes. Das könnte zu einem Steuerdumping-Chaos führen, befürchtet etwa die SP.

Bei der AHV: In die AHV-Kasse würde ohne Zusatzfinanzierung rasch ein grosses Loch gerissen. Die Dringlichkeit einer Reform würde damit erhöht. Auf der finanziellen Seite müsste der Mehrwertsteuersatz zugunsten der AHV stärker erhöht werden – der Bundesrat spricht von bis zu 1,5 Prozent. Zudem dürfte der Druck auf eine stärkere Erhöhung des Rentenalters – zum Beispiel 67 für alle – steigen.

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Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.

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