1. Wieso kann die EU beim Schweizer Waffenrecht mitreden?
Das Mitspracherecht der EU beim Waffengesetz stammt aus einem bilateralen Abkommen: aus dem Schengen-Dublin-Vertrag, den das Schweizer Stimmvolk 2005 guthiess. Er regelt den grenzfreien Personenverkehr, die europäische Zusammenarbeit im Polizei- und Asylbereich und betrifft auch den Umgang mit Waffen.
2. Warum will die EU, dass die Schweiz ihr Waffenrecht ändert?
Die Schweiz muss in den Bereichen, die unter das Schengen-Dublin-Abkommen fallen, alle neuen Vorgaben – sogenannte EU-Richtlinien – übernehmen. Änderungen sind alle fünf Jahre vorgesehen und werden durch die Vertragsländer – also auch durch die Schweiz – gemeinsam ausgehandelt. Der Bundesrat konnte auf diese Weise bei der EU-Waffen-Richtlinie 2017, deren Kern das Verbot von halbautomatischen Waffen ist, diverse Sonderrechte für die Schweiz herausholen.
3. Welche Waffen würde das verschärfte Waffengesetz verbieten?
Erstens halbautomatische Sturmgewehre mit über 10-Schuss-Magazinen und Pistolen mit 20-er-Magazinen, die nicht aus Armeebeständen stammen.
Zweitens Halbautomaten mit einem Teleskop-Griff, der auf weniger als 60 Zentimeter verkürzt werden kann. Schon lange verboten ist das private Schiessen mit vollautomatischen Serienfeuerwaffen.
4. Was ist überhaupt eine halbautomatische Waffe?
Bei halbautomatischen Waffen erfolgt der Ladevorgang automatisch, die Schüsse können jedoch nur einzeln abgegeben werden. Bei vollautomatischen Waffen kann der Schütze durch eine einmalige Betätigung des Abzugs mehrere Schüsse im Serienfeuer abgeben. Beim Schweizer Ordonnanz-Sturmgewehr 90, das Armeeangehörige nach Dienstende in den privaten Besitz übernehmen können, wird die Möglichkeit zum Serienfeuer blockiert: Das Sturmgewehr 90 wird so zur halbautomatischen Waffe.
5. Welche weiteren Änderungen sind vorgesehen?
Wer eine verbotene Waffe besitzen will, die er nicht von der Armee übernimmt, braucht eine Ausnahmebewilligung. Im Falle eines Halbautomaten muss der Waffenbesitzer nachweisen, dass er entweder ein Waffensammler ist oder als Schütze regelmässig mit der Waffe übt. Ausserdem müssen künftig alle wesentlichen Bestandteile einer Waffe mit der gleichen Nummer versehen sein. Diese ist innerhalb von fünf Jahren in einem kantonalen Verzeichnis zu registrieren, sofern dies noch nicht geschehen ist.
6. Weshalb streitet die Schweiz über die EU-Waffen-Richtlinie?
Das Referendumskomitee, das die Unterschriften gegen das teilrevidierte Waffenrecht gesammelt hat, ist überzeugt, dass die Schweiz noch mehr Ausnahmen zur Waffen-Richtlinie hätte aushandeln können, ohne den Schengen-Dublin-Vertrag zu gefährden. Es fordert weitere Lockerungen. Bundesrat und Parlament hingegen stellen sich auf den Standpunkt, die Neuerungen seien zumutbar und die Richtlinie sei wie von der EU verlangt bis Ende 2019 umzusetzen.
7. Welche Gesetzesänderungen kritisiert das Referendumskomitee?
Die Gegner stören sich an der Registrierungspflicht sowie an der Nachweispflicht für regelmässiges Schiessen für Schützen ohne Vereinsmitgliedschaft. Zudem fürchten sie um die Schützentradition, weil Waffenbesitzer mit einem «flächendeckenden staatlichen Misstrauen» belegt würden. Für sehr viele Waffen, die Schützen benützten, brauche es neu eine Ausnahmebewilligung, was «antischweizerisch und freiheitsfeindlich» sei.
8. Müssen alle Schützen, auch in Vereinen, neu eine Ausnahmebewilligung haben?
Ja, aber Vereinsmitglieder erhalten sie von den Kantonen automatisch zugestellt.
9. Wer wäre am meisten betroffen?
Stark betroffen sind Schützen, die nicht einem Verein angehören, keinen Halbautomaten von der Armee übernommen haben und deren Waffen noch nirgends registriert wurden. Wer grosse Magazine kaufen will (mehr als 20 Schuss bei Pistolen, mehr als 10 Schuss bei Langwaffen), könnte dies nur noch mit einer Ausnahmebewilligung für die entsprechende Waffe tun. Museen und Sammler wären dazu verpflichtet, Waffen sicher aufbewahren und ein eigenes Verzeichnis zu führen.
10. Wer ist absolut nicht betroffen?
Jäger sowie alle bisherigen und künftigen Besitzer von Armeewaffen.
11. Könnte die Schweiz der EU die Übernahme der Richtlinie verweigern?
Ja, aber sie müsste die Folgen in Kauf nehmen. Sagt das Stimmvolk Nein zur Verschärfung des Waffenrechtes, könnte die Schweiz der EU zunächst eine oder mehrere weitere Ausnahmen vorschlagen. Diese müssten innerhalb von 90 Tagen von allen Vertragsländern und von der EU-Kommission einstimmig gutgeheissen werden. Kämen sie der Schweiz nicht entgegen, würde das Schengen-Dublin-Abkommen auslaufen – ohne dass eine Kündigung nötig wäre.
12. Welche konkreten Folgen hätte ein Wegfallen des Schengen-Dublin-Abkommens?
Die Schweiz hätte keinen Zugang mehr zum internationalen Schengen-Fahndungssystem, der europäischen Verbrecher- und Visadatenbank. Zudem gäbe es wieder Grenzkontrollen: Das würde mehr Stau an den Landesgrenzen bedeuten, längere Umstiegszeiten auf europäischen Flughäfen und keine Kombi-Schengen-Visa mehr für ausländische Touristen. Weiter könnte die Schweiz nicht mehr Asylbewerber in die EU-Länder überstellen, in denen diese zuvor ebenfalls schon ein Asylgesuch gestellt hatten. Die Schweiz müsste alle Gesuche umfassend prüfen, was höhere Asylkosten verursachen würde.
Haben Sie weitere Fragen zum Waffenrecht? Oder wissen Sie bereits, wie Sie abstimmen werden? Diskutieren Sie in den Kommentaren.
Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.
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