Selbst wenn der Strom ausgeht
Parmelin will Arbeitsgesetz nicht lockern

Am Sonntag und in der Nacht arbeiten oder im Winter gleich den Betrieb schliessen. Das sind die bürgerlichen Rezepte, um Spitzen im Stromverbrauch besser zu verteilen. Der Bundesrat will von einer Gesetzesänderung aber nichts wissen.
Publiziert: 12.11.2022 um 14:41 Uhr
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Aktualisiert: 14.11.2022 um 12:57 Uhr
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Sonntagsarbeit und andere Lockerungen des Arbeitsgesetzes sollen bei Strommangel die Verbrauchsspitzen glätten.
Foto: Keystone
Thomas Müller

Übersteigt der Stromverbrauch die Produktion, könnte das Netz zusammenbrechen. Kommt es zu einer Strommangellage, sind deshalb Verbrauchsspitzen die grösste Gefahr.

Gleich zwei bürgerliche Vorstösse wollen darum solche Spitzen via Arbeitsgesetz verhindern. Konkret möchten die Politiker, die Regeln zur Sonntags- und Nachtarbeit lockern.

Wird der Strom knapp, sollen wir auch in der Nacht und am Sonntag arbeiten, das fordert Mitte-Ständerätin Andrea Gmür (58). So soll der Stromverbrauch besser verteilt werden. Zumindest temporär. Doch davon will der Bundesrat nichts wissen.

Wirtschaftsminister Guy Parmelin (63) sieht dafür keinen Handlungsbedarf. Das schreibt der Bundesrat in seiner Antwort auf den Vorstoss. Wenn eine nachweisliche Strommangellage da sei, dann könnten die Kantone auch ohne Gesetzesänderung für sechs Monate Ausnahmen bewilligen. Zudem: Das Arbeitsgesetz räume den Betrieben schon heute grossen Spielraum ein. Eine Änderung sei also nicht nötig, so die Regierung.

Gewerkschaften freuts

Mit der Antwort des Bundesrates ist Gmür nicht zufrieden. «Auf meine Hauptforderung, eine zeitlich befristete Flexibilisierung des Arbeitsgesetzes, geht der Bundesrat gar nicht ein», beschwert sich die Mitte-Politikerin. Die Energiemangellage solle explizit als «dringendes Bedürfnis» für die Bewilligung der Nacht- oder Sonntagsarbeit ins Gesetz aufgenommen werden.

Adrian Wüthrich (42), Präsident vom Gewerkschaftsverband Travailsuisse, freut sich dagegen über die Antwort der Regierung: «Die Vorstösse waren Schnellschüsse.»

Auch in einer Mangellage könne man solche Massnahmen nicht einfach auf dem Buckel der Büezer umsetzen. «Die Gewerkschaften werden weiterhin mit Argusaugen zum Arbeitsgesetz schauen», kündigt er an.

Es droht ein Flickenteppich

Ohne eine Anpassung riskiere man einmal mehr einen riesigen kantonalen Flickenteppich, wenn es tatsächlich zur Mangellage kommt, befürchtet die Mittepolitikerin Gmür. Für betroffene Unternehmen sei wichtig, dass Klarheit herrscht und eine rasche Lösung möglich ist.

Diesem Anliegen könnte das Parlament Gehör schenken. 25 bürgerliche Parlamentarier haben den Vorstoss von Gmür mitunterzeichnet.

FDP will Jahresarbeitszeit

Noch einen Schritt weiter als Gmür will die FDP. In deren Vorstoss soll gleich von der Wochen- auf die Jahresarbeitszeit umgestiegen werden. Es müssten immer noch gleich viele Stunden gearbeitet werden, aber halt nur aufs ganze Jahr gerechnet.

Das hiesse, dass Betriebe in den kritischen Wintermonaten gleich ganz dicht machen und die Mitarbeitenden in die Zwangsferien schicken können. Über den Rest des Jahres dürften diese die Minusstunden dann abarbeiten. Ohne das Wochenmaximum von 45 oder 50 Stunden, je nach Beruf.

Klares Nein vom Bundesrat

Dafür findet der Bundesrat klare Worte: Die Abschaffung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit würde das primäre Ziel des Arbeitsgesetzes – den Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmenden – untergraben, schreibt er in seiner Antwort.

Die Restriktionen des Arbeitsgesetzes sind den Bürgerlichen schon länger ein Dorn im Auge. Entscheiden über den Vorstoss wird das Parlament. Dass die Jahresarbeitszeit wegen des Strommangels aber plötzlich mehrheitsfähig wird, ist unwahrscheinlich. Gerade nach dieser Antwort des Bundesrats.

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