Sie zahlen keine Steuern oder Bussen. Sie unterzeichnen Urkunden mit blutroten Fingerabdrücken und halten den Schweizer Staat für eine Privatfirma, Behörden hätten deswegen keine Legitimation: sogenannte Staatsverweigerer.
Während der Corona-Zeit hatten Verschwörungstheorien Hochkonjunktur. Auch die Staatsverweigerer konnten mit ihren Behauptungen viele Menschen überzeugen. Eine ihrer Hauptaktivitäten: Die Behörden schikanieren.
Drohungen und grosser Mehraufwand
Zu spüren bekommen das vor allem Betreibungsbeamte. Diese müssen etwa Steuerschulden eintreiben und sind oftmals die ersten Vertreter des Staates überhaupt, die mit Staatsverweigerern persönlich Kontakt haben. Sie haben in manchen Kantonen einen immer grösseren Mehraufwand. Das zeigen Recherchen von SRF.
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Weil die Behörden aus Sicht von Staatsverweigerern gar kein Recht haben sollen, Steuern zu erheben oder Bussen zu verteilen, werden diese verweigert. Gemäss den SRF-Recherchen sind vor allem die Deutschschweizer Kantone betroffen, in der Romandie dagegen sind es nur wenige. Als Hochburg der Staatsverweigerer entpuppt sich die Ostschweiz.
Einzelne Ämter kommen an ihre Grenzen
Der Umgang mit diesen Personen sei «äusserst zeit- und ressourcenaufwändig». Mehraufwand entstehe etwa durch «lange Diskussionen am Schalter» oder «unverhältnismässig umfangreichen Schriftverkehr». Öfters müsse auch die Polizei beigezogen werden. Aggressionen, Drohungen und Einschüchterungsversuche hätten zugenommen. Zudem erstatten einige Querulanten auch Anzeige gegen einzelne Mitarbeitende der Betreibungsämter.
Vor allem kleine Betreibungsämter auf dem Land seien teils massiv betroffen, heisst es aus den Kantonen, und kämen schnell an ihre Kapazitätsgrenzen.
Eine mögliche Erklärung für den zunehmenden Mehraufwand ist, dass die Staatsverweigerer vermehrt organisiert vorzugehen scheinen. Etliche Webseiten und Telegramkanäle verbreiten seitenlange Anleitungen und Mustervorlagen, wie der Staat und insbesondere Betreibungsämter belastet und belästigt werden können.
Szenenkennerin geht von fünfstelliger Zahl aus
Letztlich aber würden alle Behörden betonen: Am Schluss müssten die Staatsverweigerer die Rechnungen zahlen, ihnen werde etwa der Lohn gepfändet. Das Querulantentum sei also nicht erfolgreich, aber für die Behörden zeitintensiv.
Laut einer anonymen Szenenkennerin hat sich die Szene während der Corona-Pandemie vervielfacht, möglicherweise gar verhundertfacht. Sie schätzt, dass es mindestens eine fünfstellige Zahl von Staatsverweigerern gibt. Man dürfe sie sich aber nicht als grosse Organisation vorstellen, es handle sich um verschiedene kleine Gruppierungen. (dba)