Bald ist Schluss mit dem Bibelitöten in der Schweiz: Laut der Vereinigung der Schweizer Eierproduzenten Gallosuisse hat sich die Eierbranche auf eine Lösung geeinigt, bei der keine männlichen Küken mehr vergast werden müssen. Vollständig umgesetzt wird sie bis Ende 2025, teilt der Verband am Freitag mit.
Neu soll in der konventionellen Produktion das Geschlecht der Küken bereits im bebrüteten Ei erkannt werden. Dafür wird am 11. und 12. Tag der Bebrütung mittels Magnetresonanztomographie (MRT) das Ei durchleuchtet. Das Geschlecht wird durch einen KI-Algorithmus erkannt. Eier mit männlichen Embryos werden anschliessend aussortiert. Die Technologie wird ab dem 1. Januar 2025 in den zwei einzigen Schweizer Brütereien umgesetzt. Entwickelt wurde sie vom Münchner Start-up Orbem.
Weltweit erste Branchenlösung
Die Schweiz zieht damit mit anderen europäischen Ländern mit. Etwa Deutschland, Österreich und Frankreich setzen bereits auf diverse Hightech-Methoden, um männliche Küken bereits vor dem Schlüpfen aus dem Verkehr zu ziehen. Hierzulande waren diese aufgrund Bedenken bezüglich des Schmerzempfindens bei Hühnerembryonen lange verboten. Neuste Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass die Föten bis zum 12. Tag keine Schmerzen empfinden würden. Der Bund passte die Tierschutzverordnung auf dieses Jahr entsprechend an. Am 1. Januar 2025 – pünktlich zum Beginn der Ei-Erkennung – soll die Revision in Kraft treten.
Bereits seit 2020 arbeitet Gallosuisse auf den Ausstieg hin. Noch an der Delegiertenversammlung im Juni betonte Präsident Daniel Würgler, wie schwierig eine Schweizer Branchenlösung sei. «Wenn es einfache Lösungen gäbe, wären diese weltweit schon umgesetzt», sagte Würgler damals.
Nächstes Jahr werde die Schweiz nun das weltweit erste Land, in dem die gesamte Eierbranche eine eigenständige, flächendeckende und ausgereifte Lösung präsentieren könne, heisst es in einer Medienmitteilung. Alle Vertreterinnen und Vertreter der Wertschöpfungskette – von den Brütereien über die Eier-Vermarktungsfirmen und die Detailhändler bis hin zu den Konsumentenorganisationen – seien überzeugt, gemeinsam eine tragfähige und glaubwürdige Lösung für ein gesellschaftliches Anliegen gefunden zu haben. «Das Schweizer Ei wird damit nachhaltiger», sagte Würgler bei der Präsentation der Lösung.
Konsumentinnen und Konsumenten müssen tiefer in die Tasche greifen
Bei Eiern, die nach Bio-Suisse-Standards produziert werden, war die Umsetzung schon länger klar: Der Verband entschied bereits Ende 2021, dass ab 2026 keine männlichen Küken mehr getötet werden dürfen. Die High-Tech-Erkennung ist für Bio-Eier jedoch nicht erlaubt. Stattdessen folgt der Ausstieg schrittweise über die Aufzucht der Bruderhähne der Legelinien und der Haltung von Zweinutzungshennen. Aktuell würden auf Bio-Betrieben bereits über die Hälfte aller männlichen Küken aufgezogen, schreibt Gallosuisse.
Konsumentinnen und Konsumenten müssen bereit sein, für mehr Tierwohl etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Denn sowohl die Ei-Erkennung als auch der Bio-Weg führen zu Mehrkosten – und folglich zu höheren Eierpreisen. Laut Gallosuisse belaufen sich die Gesamtkosten der Geschlechtsbestimmung im Ei auf drei Franken pro weibliches Küken. Deshalb geht der Verband davon aus, dass verkaufsfähige Eier um bis zu 1,5 Rappen teurer werden würden. Für Bio-Käuferinnen und -Käufer kommt es sogar doppelt dick: Die Eier werden nicht nur rund fünf Rappen teurer, sondern auch nicht mehr in weisser Farbe zu kaufen sein. Denn die Zweinutzungshennen legen nur braune und beige Eier.