Schweizer Diplomatin Pascale Baeriswyl
Sie kämpft auf höchster Ebene für den Frieden

Die Baslerin Pascale Baeriswyl vertritt die Schweiz im mächtigsten Gremium der Welt: dem Uno-Sicherheitsrat. Was die kleine Nation in New York bewegen kann und auf welchem Instrument sie eine Friedensballade spielt.
Publiziert: 11.12.2023 um 18:00 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2024 um 17:24 Uhr
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Pascale Baeriswyl vertritt die Schweiz seit Anfang Jahr im Uno-Sicherheitsrat.
Foto: keystone-sda.ch
Jessica Pfister
Schweizer Illustrierte

Die übergrosse Pistole mit dem Knoten im Lauf, die vor dem Uno-Gebäude in New York steht, passt symbolisch perfekt zur Arbeit von Pascale Baeriswyl. «Im Sicherheitsrat hat die Prävention von Konflikten Priorität», sagt die 55-Jährige. Seit Anfang 2023 ist die Baslerin das Schweizer Gesicht im mächtigen Uno-Sicherheitsrat.

In New York sitzt sie zusammen mit Vertretern der ständigen Grossmächte China, Frankreich, Grossbritannien, Russland, den USA und den anderen neun gewählten Ratsmitgliedern im «norwegischen Saal». Dort können Entscheide über Frieden und Krieg fallen, die für alle Staaten der Welt verbindlich sind. So kann der Sicherheitsrat etwa Blauhelmtruppen für eine Friedensmission entsenden, Wirtschaftssanktionen erlassen oder sogar einer Armee eines Uno-Staates erlauben, in einen Krieg einzugreifen.

«Wir verschaffen Frauen und Jugendlichen mehr Gehör»

«Der Sicherheitsrat ist der Fiebermesser der Weltlage», sagt Baeriswyl. Für sie bedeutet das zweijährige Mandat zwei bis fünf Sitzungen jeden Tag – rund 800 pro Jahr. Wenn es eilt, haben die Mitglieder nur 24 Stunden Zeit, Stellung zu nehmen. Dazu gehört das Einholen einer Weisung des Aussendepartements in Bern, das immer den letzten Entscheid fällt. Hinzu kommt der rege diplomatische Austausch über Twitter, Whatsapp & Co.

Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

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Doch was kann die Schweiz im Sicherheitsrat bewegen? «Jeden Tag, bei jeder Debatte und in jeder Verhandlung setzen wir uns für die Einhaltung des Völkerrechts ein. Manchmal gelingt es, dies in verbindliche Resolutionen zu schreiben. Im Oktober etwa beschloss der Rat eine neue Polizeimission für Haiti. Oder wir verschaffen Frauen und Jugendlichen im Rat mehr Gehör», sagt Baeriswyl, die schon mit 16 davon träumte, Diplomatin zu werden.

Hier in New York leiste die Schweiz viel Brückenarbeit. «Beim Krieg im Nahen Osten sind es gewählte Ratsmitglieder, darunter die Schweiz, die die Weltmächte immer wieder an den Tisch bringen, um Lösungen zu finden.» In Sachen Prävention sei es der Schweiz jüngst gelungen, die stabilisierende Friedensmission in Bosnien und Herzegowina zu verlängern.

Gäste aus der ganzen Welt zu Hause

Baeriswyl wächst im Multikulti-Quartier St. Johann in Basel auf, unweit der deutschen und der französischen Grenze. Ihr Vater arbeitet im internationalen Bahngüterverkehr. «Gäste aus der ganzen Welt gingen bei uns zu Hause ein und aus, das hat mich fasziniert.»

Mit 32 startet die ehemalige Richterin ihre Karriere beim EDA – als erste Diplomatin mit zwei kleinen Kindern. Sie arbeitet auf der Schweizer Botschaft in Vietnam und bei der EU-Botschaft in Brüssel. Ihr Mann ist Computerspezialist, betreut dank Homeoffice die Kinder oft.

2016 kommt die Juristin zurück in die Schweiz – und wird als erste Frau Staatssekretärin des Aussendepartements. 2019 wechselt sie von ihrem Wohnort am Basler Rhein an den East River in New York, wo sie zur neuen Chefin der ständigen Mission der Schweiz bei der Uno ernannt wird. Der Sitz im Sicherheitsrat ist die vorläufige Krönung von Baeriswyls Karriere.

Was ihr dort besonders Sorgen bereitet? «Es herrscht eine globale Vertrauens- und Wahrheitskrise: Unsere Regeln und Werte werden infrage gestellt.» Die gemeinsame Basis für das Handeln hätten sich die Staaten aber selbst gegeben: mit der Uno-Charta, der universellen Erklärung der Menschenrechte und den Genfer Konventionen. Das seien die Regeln, die Sicherheit und Wohlergehen ermöglichen.

«Es braucht Solidarität»

Man müsse nun in den Weg zurückfinden zu Kompromissen zwischen Staaten, damit diese neben kurzfristigen Interessen das mittelfristige Wohl aller im Blick behalten: «Es braucht Solidarität», so ihr Fazit.

Kürzlich entscheidet sich Baeriswyl zu einem persönlichen Friedensakt: Nachdem die Spitzendiplomatin und ihr Team seit Wochen im Sicherheitsrat – manchmal Tag und Nacht und mit wüsten Gefechten zwischen den Weltmächten – um Worte gerungen haben, lädt sie ihre 14 Kolleginnen und Kollegen zu sich nach Hause zu einem Fondue ein.

Vor dem Essen spielt sie mit einer Band auf dem Saxofon – symbolisch an das Mandat der Schweiz im Sicherheitsrat erinnernd – die Jazzballade «Search for Peace». «Musik macht noch keinen Frieden, aber sie kann Menschen über ihre Differenzen hinaus einen. Daran glaube ich.»

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