Schweizer Chip in russischer Rakete
GSoA fordert nach Angriff auf ukrainisches Kinderspital Konsequenzen

Die russische Rakete, die in ein ukrainisches Kinderspital einschlug, enthielt Schweizer Bauteile. Nun wird die Forderung nach einer Verschärfung des Export-Regimes für heikle Dual-Use-Güter laut.
Publiziert: 11.07.2024 um 15:58 Uhr
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Aktualisiert: 11.07.2024 um 16:36 Uhr
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Entsetzliche Szenen nach dem russischen Angriff auf das grösste Kinderspital in der Ukraine. Teile des Gebäudes sind völlig zerstört.
Foto: keystone-sda.ch
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Tobias OchsenbeinRedaktor Politik

Am Montag traf ein grausamer Angriff das grösste Kinderspital der Ukraine in Kiew. Zwei Menschen starben, 32 wurden verletzt. Zunächst war unklar, womit das Spital beschossen worden war. Russland wies sofort jede Verantwortung zurück.

Das ukrainische Justizministerium identifizierte einen russischen Marschflugkörper vom Typ Ch-101 und legte entsprechende Belege vor. Unabhängige Experten und Recherchen von «Financial Times» und Bellingcat bestätigten dies.

Russische Waffe erhielt Schweizer Teile

Die Hightech-Rakete enthält auch Schweizer Bauteile. Zwei Komponenten stammen von der Genfer Firma STMicroelectronics, wie die «Financial Times» schreibt. Der «SonntagsBlick» hat schon 2022 darüber berichtet, dass in der Rakete ein Schweizer Mikrochip verbaut ist.

Laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat die Firma nicht gegen Sanktionen oder das Kriegsmaterialgesetz verstossen. Die Chips sollen vor Kriegsausbruch exportiert und über Zwischenhändler nach Russland gelangt sein, teilt die Behörde auf Anfrage des «Tages-Anzeigers» mit. Heute wäre eine Lieferung der Bauteile nach Russland verboten.

GSoA fordert Exportverbot

Trotzdem: Aus Sicht der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) zeigt der Fall, dass dringend Handlungsbedarf besteht, was sogenannte Dual-User-Güter betrifft. Güter also, die zivil wie auch militärisch verwendet werden können.

Die Schweiz müsse ihre Verantwortung endlich wahrnehmen, so die GSoA. «Wir brauchen ein Exportverbot von Dual-Use-Gütern, wo Verdacht auf militärische Endnutzung in Staaten besteht, die das Völkerrecht und die Menschenrechte verletzen», lässt sich Roxane Steiger (23), politische Sekretärin der GSoA, zitieren. Es dürfe nicht sein, dass die Schweiz mit Dual-Use-Gütern Militärregimes durch die Hintertür hochrüste.

Kontrolle der Endverbraucher schwierig

Zudem fordert die GSoA die Einführung einer Bewilligungspflicht und einer Nichtwiederausfuhrerklärung für den Export heikler Dual-Use-Güter wie Chips an Risikoländer wie China oder die Türkei, durch die solche Güter nach Russland gelangen könnten.

Das Seco erklärt im Bericht des «Tages-Anzeigers», dass die eingesetzten elektronischen Bauteile grösstenteils «industrielle Massengüter mit einer äusserst breiten zivilen Anwendung» seien.

Diese Komponenten seien weltweit ohne Beschränkungen erhältlich und würden meist ausserhalb der Schweiz, der USA und Europa produziert. Etwa in China. Der Vertrieb dieser Teile werde über Tausende von Vertriebsfirmen abgewickelt, die ebenfalls in Drittstaaten ansässig seien, weshalb eine Kontrolle der tatsächlichen Endverbraucher für die betroffenen Firmen äusserst schwierig sei.

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