Die Ukraine bekommt Hilfe aus der Schweiz. Nicht nur mit der Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock und geplanten fünf Milliarden Franken für den Wiederaufbau. Nun unterstützt unser Land sie auch in den Bereichen Digitalisierung und E-Governance.
Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie wichtig die Bereitstellung von elektronischen Dienstleistungen im kriegsversehrten Land ist. Seit dem Angriff Russlands wurden Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer vertrieben. Und egal, wo die Frontlinie verläuft: Die Menschen brauchen Geburtsurkunden, Steuerbescheide, Strafregisterauszüge. Digitale Lösungen helfen da enorm.
Bitte nur das Checkbuch
58,7 Millionen Franken hat der Bundesrat am Freitag gesprochen, um die Entwicklung solcher Anwendungen zu unterstützen. Man kann allerdings nur hoffen, dass er dafür lediglich sein Checkbuch zückt – und die Umsetzung den Ukrainern oder anderen überlässt.
Zum internationalen Ansehen der Schweiz wäre der Bund gut beraten, auf Know-how-Transfer zu verzichten. Oder will man den Ukrainern unseren PDF-Friedhof, auch bekannt als elektronisches Patientendossier, aufs Auge drücken? Die E-ID kann es kaum sein, die haben wir noch gar nicht. Oder fallen auch die alten Faxgeräte im Bundesamt für Gesundheit unter «Digitalisierung»? Wir hoffen nicht.
Steuern zahlen per App? Hier ein Traum
Denn die Ukraine ist schon ein bisschen weiter. Zum Beispiel gibt es dort, wie der Bundesrat selbst schreibt, die App Diia. Mit dieser würden über 20 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer heute schon ihre Steuern zahlen oder ihren Fahrausweis erneuern.
Eine App, mit der man mit ein paar Klicks Steuern zahlen und amtliche Dokumente bestellen kann? In einem Land, wo man einen Strafregisterauszug zwar in einem Online-Formular bestellen, dieses aber ausdrucken und per Post ans Bundesamt für Justiz schicken muss, tönt das wie Science-Fiction. Vielleicht sollte die Schweiz nicht die Ukraine unterstützen, sondern sich dort Nachhilfe holen?