Schweiz soll Wasser abgeben
Genfersee soll Frankreich vor Trockenheit retten

Die Schweiz will mit Frankreich über den Wasserstand des Genfersees verhandeln. Der Seepegel soll bei Hochwasser oder Trockenheit angepasst werden.
Publiziert: 24.08.2023 um 20:51 Uhr
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Die Schweiz und Frankreich wollen den gemeinsamen Umgang mit dem Wasser im Genfersee regeln.
Foto: keystone-sda.ch

Wenn französische Bauern unter der Trockenheit leiden, soll die Schweiz helfen. Genauer gesagt: der Genfersee. Die Schweiz will mit Frankreich über die Regulierung des Wasserstandes des Genfersees verhandeln, der Bundesrat hat am Mittwoch dafür die Erlaubnis erteilt. Bei Trockenheit – oder auch bei Hochwasser – soll der Seepegel angepasst werden können. 

«Der Klimawandel verändert die Wassermenge im Jahresverlauf», sagt Felix Wertli (46), Umweltbotschafter und der Chef der Abteilung Internationales des Bundesamtes für Umwelt (BAFU). Im Sommer gibt es weniger Wasser, doch viele sind darauf angewiesen. So habe der Wasserstand zum Beispiel einen grossen Einfluss auf die Schifffahrt, sagt Wertli.

Doch es gibt noch andere Interessen, zum Beispiel für die Energieproduktion: Im Winter soll die Wasserkraft gestärkt werden, dafür muss im Sommer Wasser gestaut werden. Gleichzeitig brauchen französische Bauern Wasser. Jetzt müssen sich die Schweiz und Frankreich einigen.

Ex-Greenpeace-Chef Kaspar Schuler (65) kritisierte kürzlich das Verhalten der Schweiz. «Die Schweiz und Österreich verfügen über zentrale Wasserhähne Europas. Sie entscheiden, wann sie ihr Wasser freigeben und wo sie es zurückhalten», sagt Schuler, der jetzt Geschäftsführer der internationalen Alpen-Schutzorganisation Cipra ist. 

Längerer Austausch

Italien oder Frankreich seien im Sommer stark darauf angewiesen, dass die Schweiz Wasser durchlasse, um die Trockenheit zu bekämpfen, so Schuler. «Doch die Schweiz schaut zuerst auf sich und schadet so ihren Nachbarländern.» Das könnte sich jetzt mit der neuen Kooperation ändern. 

Der Vorschlag für die Verhandlungen seien dabei von Frankreich ausgegangen, sagt Wertli. «Wir stehen schon länger im Austausch miteinander.» Das zuständige französische Amt hat auf eine Blick-Anfrage bislang nicht geantwortet.

Kommt eine Kommission?

Wie die Kooperation im Detail aussehen soll, ist noch unklar. Eine Möglichkeit wäre gemäss Wertli eine französisch-schweizerische Kommission: «Wenn gewisse Schwellenwerte überschritten sind, könnte Frankreich zum Beispiel anfragen, ob mehr Wasser durchgelassen, beziehungsweise bei Hochwasser zurückgehalten werden kann.» Bis jetzt hat Frankreich keine Möglichkeit, den Wasserstand im Genfersee zu beeinflussen.

Die Verhandlungen mit Frankreich sollen nun schnell gehen. «Das Ziel ist eine Umsetzung bis Ende Jahr», sagt Wertli.

Doch Frankreich ist nicht das erste Land, das an das Schweizer Wasser will. Im vergangenen Jahr bettelte Italien um Schweizer Wasser. Der Po war fast ausgetrocknet, die italienischen Bauern fürchteten um ihre Ernte.

Meuccio Berselli, Chef der Organisation, die die Gewässer der Poebene kontrolliert, appellierte im SRF an die Schweiz: «Wir bitten unsere Schweizer Freunde, den Pegel des Lago Maggiore zu stützen. Dies soll durch die Stauseen in den Alpen passieren.» Doch das Tessin behielt das Wasser bei sich, man leide ebenfalls unter der Dürre. (bro)

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