Schutz vor Folter in Heimat
Nicht alle Terroristen sollen ausgewiesen werden

Die Staatspolitische Kommission wehrt sich dagegen, dass Terroristen ausgeschafft werden, wenn ihnen in ihrer Heimat Folter oder der Tod droht. In Bundesbern ist das heftig umstritten.
Publiziert: 02.09.2022 um 16:56 Uhr
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Aktualisiert: 05.09.2022 um 12:23 Uhr
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Terroristen, welche die innere Sicherheit der Schweiz gefährden, sollen in ihr Heimatland ausgeschafft werden, auch wenn ihnen dort Folter oder der Tod droht.
Foto: zVg

Ein wahrer Rechtsstaat muss auch seine Feindinnen und Feinde rechtskonform und gemäss seinen Werten behandeln. Davon zeigt sich die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission (SPK) des Nationalrats überzeugt. Mit 14 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung lehnt sie eine Motion von Mitte-Nationalrat Fabio Regazzi (60) ab. Dieser fordert, dass Terroristen immer in ihre Herkunftsländer ausgewiesen werden – egal, ob diese als sicher gelten oder nicht.

Das Thema ist in Bundesbern heftig umstritten. Während sich das Parlament für den Vorstoss ausgesprochen hatte, ist der Bundesrat dagegen, weil er zum Schluss kommt, dass die Umsetzung dem Völkerrecht widersprechen würde.

Justizministerin Karin Keller-Sutter (58) empfahl dem Parlament bereits in der Debatte, die Motion abzulehnen. Die Sicherheit der Bevölkerung habe Priorität, sagte sie. «Wir müssen uns aber auch an die Grenzen des Rechtsstaates halten.» Der Bundesrat schlägt aber etwa vor, dass die Polizei solche Personen ohne Strafverfahren unter Hausarrest stellen oder ihnen den Zugang zu einem bestimmten Gebiet verbieten darf.

Nicht mit zweierlei Mass messen

Zu diesem Schluss kommt nun auch die Mehrheit der nationalrätlichen SPK. Beim Grundrechtsschutz könne nicht mit zweierlei Mass gemessen werden. Statt Terroristen in Länder auszuschaffen, in denen ihnen Folter oder die Todesstrafe drohe, sei mit Massnahmen in der Schweiz dafür zu sorgen, dass sie keinen weiteren Schaden anrichten.

«Menschen der Folter oder der Todesstrafe in anderen Ländern auszusetzen, ist nicht akzeptabel und würde allen Werten widersprechen, die der Schweiz wichtig sind», schreibt Kommissionspräsident Marco Romano (38, Mitte) in seinem am Freitag veröffentlichten Bericht.

Für Minderheit geht innere Sicherheit vor

Das sehen in der Kommission aber nicht alle so. Die Minderheit sei der Ansicht, dass die Motion aus Gründen der inneren Sicherheit nicht abgeschrieben werden sollte. Für sie ist die aktuelle Situation nicht zufriedenstellend. Sie fordert, dass der Bundesrat Massnahmen vorschlägt, mit denen verhindert wird, dass die Schweiz Personen Zuflucht gewährt, die weder den Rechtsstaat noch Menschenleben respektieren.

Das geltende Recht muss in den Augen dieser Minderheit angepasst werden. Es sei sicherzustellen, dass alle Personen, die in der Schweiz wegen Terrorismus verurteilt werden, auch tatsächlich ausgeschafft werden können. Das Ringen zwischen Sicherheit und Völkerrecht geht damit in der Herbstsession in die nächste Runde. (dba)

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