Chiesa verurteilt Krieg, aber greift Bundespräsidenten an
«Cassis hat die Neutralität zerstört»

Die SVP verurteilt laut Marco Chiesa Putins Ukraine-Krieg – obwohl das prominente Aushängeschilder anders sehen. Sanktionen hält er aber ebenfalls für falsch. Und der Parteipräsident greift Cassis frontal an.
Publiziert: 06.04.2022 um 07:07 Uhr
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Aktualisiert: 06.04.2022 um 17:12 Uhr
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SVP-Parteipräsident Marco Chiesa kritisiert, dass der Bundesrat die EU-Sanktionen blind übernommen hat.
Foto: Keystone

Die SVP tut sich schwer mit Putins Angriff auf die Ukraine. Prominente Stimmen wie Andreas Glarner (59), Roger Köppel (57) und Magdalena Martullo-Blocher (52) äussern Verständnis für die russische Position – sehr zum Missfallen anderer Exponenten wie alt Bundesrat Adolf Ogi (79).

Den Parteipräsidenten hat man dazu bis anhin nicht vernommen. Nun äussert sich Marco Chiesa (47). Und sagt: «Die SVP verurteilt diesen Krieg. Wladimir Putin führt einen Angriff gegen ein souveränes Land. Da gibt es nichts zu deuteln.»

Böswillige Unterstellung der Medien

Und dennoch kann sich Chiesa selbst nicht mit dem Deuteln zurückhalten. Dass Glarner Verständnis für den russischen Präsidenten zeigt, nennt er im Interview mit dem «Tages-Anzeiger» «analysieren». Die Medien hätten daraus eine Nähe zu Putin konstruiert. Das sei eine böswillige Unterstellung.

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Chiesa kritisiert zudem Übernahme von der EU-Sanktionen durch die Schweiz. Dadurch habe der Bundesrat die Glaubwürdigkeit der Schweiz als neutraler Staat untergraben. «Sanktionen sind wirtschaftliche Kriegsmittel, mit denen man Partei ergreift», so Chiesa. «Mit Sanktionen wurde meines Wissens noch kein Krieg beendet.» Die Schweiz stehe wegen der Übernahme von Sanktionen nun auf der russischen Liste der feindlichen Staaten.

Scharfe Kritik an Cassis

Heftige Kritik übt Chiesa an Aussenminister und Bundespräsident Ignazio Cassis (60). Dass dieser an der Demonstration auf dem Bundesplatz aufgetreten sei, sei «unmöglich» und ein «Riesenfehler» gewesen. «Cassis hat mit seiner Teilnahme auf dem Bundesplatz unsere Neutralität zerstört», so der SVP-Chef. Es sei zwar richtig und gut, als Mensch Gefühle zu zeigen. «Aber Politiker müssen auch im Kriegsfall einen kühlen Kopf bewahren.»

Es sei daher dringend nötig, dass die Schweiz zu einer klaren neutralen Haltung zurückkehre. Daher begrüsse er die Volksinitiative zur Bewahrung der Neutralität, die alt Bundesrat und SVP-Doyen Christoph Blocher (81) angekündigt habe. Es sei noch nicht klar, wer die Trägerschaft für die Initiative übernehmen werde, so Chiesa. Aber der Text liege vor. (SDA/sf)

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