Seit Wochen beschäftigt die Affäre Yannick Buttet (47) das Wallis. Der ehemalige CVP-Nationalrat wurde zweimal rechtskräftig verurteilt – einmal wegen sexueller Belästigung, einmal wegen Nötigung. Trotzdem wählte ihn die Walliser Tourismuskammer zum Präsidenten. Besonders pikant: Sein Opfer arbeitet bei Wallis Promotion. Indirekt hat der Täter von einst künftig mit seinem Opfer zu tun, denn er ist kraft Amtes Vorstandsmitglied bei Wallis Promotion.
Hohes Reputationsrisiko für den Walliser Tourismus
Das geht nicht, finden viele im Wallis – und schlagen Alarm. Über 6600 Menschen haben eine Onlinepetition unterzeichnet. Frauenorganisationen und der Walliser FDP-Nationalrat Philippe Nantermod (40) fordern Buttets Rücktritt. Der ehemalige Walliser Spitzendiplomat Georges Martin (72) fürchtet ein hohes Reputationsrisiko für den Walliser Tourismus: «Buttet sollte kein öffentliches Amt mehr bekleiden. Wer einmal ein schlechtes Bild abgibt, gibt immer ein schlechtes Bild ab», findet der ehemalige EDA-Vizestaatssekretär.
Am Dienstag trifft sich die Walliser Tourismuskammer zu einer Krisensitzung. Wie Blick weiss, könnte es für Yannick Buttet eng werden. Die Tourismuskammer hat die Sitzung eigens von August auf diesen Dienstag vorverlegt.
Keine Weisungsbefugnis
Die Meinungen darüber, ob Buttet tatsächlich Chef seines Opfers ist, gehen auseinander. Wallis Promotion teilt mit, dass Buttet als Präsident der Walliser Tourismuskammer per kantonales Gesetz auch im Vorstand von Wallis Promotion Einsitz habe. Als Vorstandsmitglied sei er gemäss Organisations- und Funktionsreglement jedoch ausschliesslich für strategische und nicht für operative Fragen zuständig – und habe damit gegenüber seinem einstigen Opfer keine Weisungsbefugnis.
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Trotzdem brodelt es im Wallis. Druck kommt auch aus Buttets einstiger Partei Die Mitte. Die Mitte-Frauen fordern, dass der Rekrutierungsprozess transparent gemacht wird und die Auswahlkriterien bekannt gegeben werden. Kurz vor der Krisensitzung erhöhen sie nun den Druck. In einem Appell, der Blick vorliegt, schreiben sie: «Ein Wiederholungstäter, der wegen sexueller Belästigung und Nötigung verurteilt wurde, erfüllt nicht die Voraussetzungen, um ein positives Bild vom Walliser Tourismus zu vermitteln.»
«Erheblicher Imageschaden»
Die Mitte-Frauen warnen vor einem «erheblichen Imageschaden» und vor «Spannungen zwischen den verschiedenen Akteuren und Gesprächspartnern». Der Walliser Tourismus brauche «einen Brückenbauer und keinen Spalter». Der Appell fordert die Tourismuskammer zum Handeln auf: «Wir bitten Sie, eine Person zum Präsidenten zu wählen, die die Menschen zusammenführt, Komplikationen vermeidet und das positive Image vermittelt, das der Walliser Tourismus verdient.»
Auch widersprechen die Mitte-Frauen der Einschätzung, wonach Buttet beruflich nichts mit seinem Opfer zu tun habe: Es bestehe eine «Nähe und ein hierarchisches Verhältnis zwischen einer verurteilten Person und dem Opfer», heisst es in dem Appell. Diese Nähe verstosse gegen geltendes Recht, wonach die Gesundheit der Arbeitnehmenden zu schützen sei. «Kontakte zwischen den beiden Parteien sind unvermeidlich, unabhängig von den internen Regeln, die aufgestellt werden», betonen die Mitte-Frauen.
Walliser Staatsrat steht zu Buttet
Die Walliser Regierung – ausser der Kanzlerin besteht der Staatsrat ausschliesslich aus Männern – steht nach wie vor hinter Buttet. Staatsrat Christophe Darbellay (53) ist im Wallis für Wirtschaft, Bildung und Tourismus zuständig. Darbellay zu Blick: «Herr Buttet verfügt über die Kompetenzen, um diesen Posten zu besetzen. Die Walliser Tourismuskammer ist eine vom Staat völlig unabhängige Einheit und hat ihre Entscheidung einstimmig und in voller Kenntnis der Sachlage getroffen.»
Mit der Einmütigkeit ist es aber schon länger vorbei. Ob Buttet eine Vertrauensfrage gewinnen würde, ist unklar. Entscheidend dürfte die Frage sein, was den Mitgliedern wichtiger ist: Das Signal nach aussen, dass sexuelle Gewalt nicht zur Walliser Gastfreundschaft passt – oder das Signal nach innen, dass auch ein verurteilter Straftäter ein Recht auf Vergessen hat.
«Ein Skandal»
Für die Präsidentin der Mitte-Frauen, Christina Bachmann-Roth (40), steht fest: «Yannick Buttet ist nicht die beste Visitenkarte für den Walliser Tourismus. Dass er innert Bewährungsfrist nach seiner Straftat wieder einen Prestigejob bekommen soll und dadurch indirekt Chef seines Opfers wird, ist ein Skandal.»
Buttet und die Walliser Tourismuskammer wollten sich gegenüber Blick nicht äussern. Die Medien würden erst am Dienstag nach der Sitzung informiert.