Die Corona-Impfungen kommen in manchen Kantonen nur schleppend in Gang. Ein Grund dafür ist, dass gewisse Kantonsregierungen von der überraschend frühen Zulassung der Impfstoffe überrumpelt worden sind. Aber auch IT-Probleme und Lieferengpässe beim Pfizer/Biontech-Impfstoff verzögern die Impfkampagne. Einige Kantone mussten deswegen das Anmeldeverfahren vorerst aussetzen; der Kanton Zürich sah sich sogar veranlasst, seine Impfstrategie anzupassen.
Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier mögen aber nicht warten. Am 1. März beginnt die Frühlingssession: Für drei Wochen werden sich die 246 National- und Ständeräte im Bundeshaus wieder auf den Füssen stehen. Gerade für Risikopersonen, von denen es auch im Parlament einige gibt, wird das politische Amt damit zum Gesundheitsrisiko.
Politiker bitten Kantone um Vorzugsbehandlung
Die Verwaltungsdelegation der Räte empfiehlt den Risikoparlamentariern darum, sich impfen zu lassen. Die beiden Präsidenten von National- und Ständerat, Andreas Aebi (62, SVP) und Alex Kuprecht (63, SVP), bitten die Kantone dafür um eine Extrawurst: In einem Brief an die Kantonsregierungen fordern sie diese auf, dass Risikopersonen unter den Bundesparlamentariern prioritär geimpft werden.
«Die aussergewöhnliche Lage und die Dringlichkeit unseres Anliegens haben uns zu diesem Vorgehen veranlasst», schreiben Aebi und Kuprecht um Verständnis werbend. Als Ratspräsidenten stünden sie «in der institutionellen Verantwortung, die Handlungsfähigkeit der Bundesversammlung zu wahren». Deshalb wäre man für die Unterstützung «sehr verbunden».
Die Bitte betrifft vor allem Ständerätinnen und Ständeräte. Denn im Nationalrat können die Politikerinnen und Politiker seit letztem November im Notfall auch von daheim aus abstimmen. Das Stöckli sperrte sich dagegen.
«Für mich kommt das nicht in Frage»
Die gewählte und um Verständnis ringende Ausdrucksweise des Schreibens zeigt, dass sich die beiden Ratspräsidenten durchaus bewusst sind, dass ihre Forderung heikel ist. So sehen es denn auch einige Parlamentarier selbst kritisch, dass sie eine Vorzugsbehandlung bekommen sollen. SP-Nationalrätin Samira Marti (27) fragt auf Twitter: «Wie stehts eigentlich um Lehrpersonen, die einer Risikogruppe angehören? Werden die auch prioritär geimpft?»
Ihr Mitte-Kollege Christian Lohr (58) gehört selbst zur Risikogruppe. Sich prioritär impfen zu lassen? «Für mich kommt das nicht infrage», stellt er klar. «Ich möchte keine Privilegien.» Ihm scheine, als wolle man unbedingt verhindern, dass die Session abgeblasen werden muss: «Das kann ich nachvollziehen. Aber irgendwann ist einfach der Punkt erreicht, an dem es nicht mehr geht.» Dann müsse man die Session halt verschieben.
Videokonferenzen statt Sitzungen vor Ort
Die Verwaltungsdelegation sieht diesen Punkt allerdings noch nicht erreicht. Erst will sie alle möglichen anderen Mittel ausschöpfen. So werden nebst der Impf-Empfehlung die Corona-Schutzmassnahmen im Bundeshaus noch einmal verstärkt. Der Zutritt ist nur noch erlaubt für die Parlamentarier selbst, deren persönlichen Mitarbeitenden und Journalisten mit einem Dauerausweis. Die National- und Ständeräte dürfen keine Gäste mehr im Bundeshaus empfangen und auch andere Besucherinnen und Besucher müssen draussen bleiben.
Ausserdem werden die Kommissionspräsidentinnen und -präsidenten dazu angehalten, in ihrer Sitzungsplanung «Prioritäten zu setzen» oder die Sitzung wenn möglich per Videokonferenz durchzuführen. Schon letzte Woche ist zudem die Maskenpflicht im Bundeshaus weiter ausgeweitet worden: Nun müssen die Politikerinnen und Politiker, auch wenn sie am Platz zwischen Plexiglaswänden sitzen, eine Maske tragen.