Um Corona-Ansteckung zu vermeiden
Nationalrat Bäumle boykottiert Sondersession

Die Corona-Zahlen explodieren. Bund und Kantone schränken Veranstaltungen immer mehr ein. Doch der Nationalrat trifft sich Ende Woche zur Sondersession. Einer macht da aber nicht mit.
Publiziert: 27.10.2020 um 08:37 Uhr
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Aktualisiert: 25.03.2021 um 07:41 Uhr
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Am Donnerstag treffen sich die 200 Nationalratsmitglieder zur zweitägigen Sondersession im Bundeshaus.
Foto: Keystone
Daniel Ballmer und Pascal Tischhauser

Das Coronavirus fegt im Höllentempo übers Land hinweg. Privat dürfen sich Herr und Frau Schweizer in den meisten Kantonen nur noch in kleinen Gruppen treffen. Und auch Veranstaltungen werden fast schon täglich schärferen Vorgaben unterworfen. Das aber hält den Nationalrat nicht davon ab, ab Donnerstag zur zweitägigen Sondersession zusammenzukommen.

Doch nicht alle 200 Ratsmitglieder werden versammelt sein. «Das Risiko Ende Woche ist zu gross, sich im Bundeshaus anzustecken», sagt der Grünliberale Martin Bäumle (56). Der ehemalige GLP-Präsident hat sich «aus Vernunft» entschlossen, nicht an der Session teilzunehmen. «Es gibt keine Geschäfte, die nicht verschoben werden können oder meine Anwesenheit notwendig machten», findet er.

Session soll «durchgestiert» werden

Weil im dicht gefüllten Nationalratssaal die Gefahr einer Ansteckung drohen könnte, haben die Grünliberalen mit der Verwaltungsdelegation das Gespräch gesucht. Dieser Delegation gehören die beiden Präsidenten und vier Vizepräsidenten von National- und Ständerat an. «Offenbar will man die Session aber durchstieren, statt mit gutem Beispiel voranzugehen», kommentiert Bäumle.

«In unserer Fraktion gibt es Ratsmitglieder, die Bedenken haben», bestätigt GLP-Generalsekretär Michael Köpfli (37). Letztlich sei die Teilnahme an der Session aber ein individueller Entscheid. Und bis heute habe sich von der GLP-Fraktion einzig Nationalrat Bäumle abgemeldet.

Bäumle ist ein Einzelfall

Auch ansonsten scheint Bäumle ein Einzelfall zu sein. Weder bei SVP, FDP, CVP oder SP sind Bedenken ihrer Nationalratsmitglieder bekannt. Schutzmassnahmen wie etwa die Plexiglasscheiben zwischen den einzelnen Pulten werden als ausreichend erachtet. Zudem hat Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (49) die Parlamentarier schriftlich informiert, dass im Bundeshaus neu auch für sie eine Maskenpflicht gilt.

«Statistisch gesehen wird es sicherlich einzelne Quarantänefälle geben – in allen Fraktionen», ist sich SP-Sprecher Nicolas Haesler bewusst. In der Sondersession würden aber Themen wie die Geschäftsmieten oder das Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetz beraten, die dringlich seien, betont er. «Tausende Menschen sind unmittelbar auf Hilfe angewiesen: Unternehmen, Selbstständige und Beschäftigte, die finanziell unter den Auswirkungen der Pandemie leiden.»

«Bundesrat und Kantone haben versagt»

GLP-Nationalrat Bäumle aber lässt sich von seiner Haltung nicht abbringen. Die Fallzahlen sind ihm zu hoch. Die Gefahr einer Ansteckung zu gross. «Bundesrat und Kantone haben versagt», sagt er. Allen voran habe die Corona-Taskforce des Bundes vor der zweiten Welle gewarnt: «Doch die Behörden haben es nicht geschafft, rechtzeitig im Verbund Massnahmen zu ergreifen.»

Sogar jetzt seien bald wieder anderthalb Wochen vertan worden, ohne notwendige Massnahmen landesweit einzuführen, kritisiert Bäumle, «je später, je grösser der Schaden für Wirtschaft und Gesellschaft».

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