Ringen um den Wolf
Kantone zerreissen Röstis Abschusspläne

Dem erklärten Volkswillen zum Trotz wollen Umweltminister Albert Rösti und seine Beamten den Grossteil der Wölfe im Land zum Abschuss freigeben. Doch nun gehen die Kantone dagegen auf die Barrikaden – und sparen nicht mit Kritik.
Publiziert: 28.09.2023 um 18:05 Uhr
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Die Kampagnenorganisation Campax hat am Donnerstag bei der Bundeskanzlei eine Petition mit rund 48'000 Unterschriften gegen die Wolf-Abschusspläne des Bundes eingereicht.
Foto: keystone-sda.ch
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Der Widerstand gegen die Pläne von Umweltminister Albert Rösti (56) lässt nicht nach. Sein Bundesamt für Umwelt (Bafu) will einem Grossteil der Wölfe im Land den Garaus machen. Dazu wurden die üblichen Verfahren abgekürzt. Eine ordentliche Vernehmlassung zur neuen Jagdverordnung fand gar nicht erst statt. Schon ab Dezember soll der Wolf zum Abschuss freigegeben werden.

«Stoppen Sie das Wolfs-Massaker!», fordern Tausende. Am Donnerstag hat die Kampagnenorganisation Campax eine entsprechende Petition übergeben. Rund 48'000 Unterschriften sind zusammengekommen. Das würde sogar fast für ein Referendum gegen den umstrittenen Verordnungsentwurf reichen.

«Rechtsstaatlich bedenkliches Vorgehen»

Noch mehr Sorgen machen dürfte Rösti aber, dass nun auch die Kantone auf die Barrikaden steigen. Und wie! Ein «rechtsstaatlich bedenkliches Vorgehen» wirft die Direktorenkonferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft (KWL) in einem Schreiben dem Umweltdepartement vor: Die «inhaltlich willkürliche und einseitige Ausgestaltung der Vorlage wird von den Kantonen zurückgewiesen».

«Die Sicherheit des Menschen ist auf jeden Fall höher zu gewichten als der Schutz des Wolfs», hatte Rösti seine Pläne im Nationalrat verteidigt. Es bestehe Handlungsbedarf, der Wolfsbestand wachse exponentiell. Heute lebten bei uns rund 300 Wölfe in 31 Rudeln. Geht es nach dem Bafu, sollen bis auf 12 Rudel alle ausgerottet, der Bestand um rund 70 Prozent zusammengeschossen werden.

Verstoss gegen die Verfassung

Bei den Kantonen kommt das gar nicht gut an. Sie verweisen auf die Berner Konvention, wonach berechtigte Massnahmen gegen geschützte Tiere deren Artbestand nicht gefährden dürfen. «Die vorgeschlagene Regelung geht bei der Wolfsregulation deutlich zu weit und beachtet nur die Seite der Landwirtschaft», kritisieren die Kantone. «Der Wolf ist weiterhin eine geschützte Art und der Schutz muss gewährleistet werden.»

Zudem: Bis anhin habe der Bund immer erklärt, dass es mindestens 20 Rudel brauche, um die Art zu erhalten. Nun aber senke das Bafu den Schwellenwert auf nur noch 12 Rudel – ohne weitere Ausführungen.

Für die Kantone ist klar: «Damit dürfte der Fortbestand des Wolfs mittel- bis langfristig in der Schweiz nicht gewährleistet sein und die Artikel der Bundesverfassung, die die Erhaltung von Arten verlangen, würden verletzt.» Der Schwellenwert sei daher auf mindestens 20 bis 25 Rudel festzulegen.

Erwartungen könnten nicht erfüllt werden

Und sowieso: Es gebe keine fachlichen Gründe, bisher unauffällige Rudel zusammenzuschiessen, betonen die Kantone. Das gebietsweise erfolgreiche Zusammenleben von Landwirtschaft, Mensch und Wolf würde gefährdet. Denn rudelfreie Gebiete würden sehr rasch durch junge Wölfe mit unbekanntem Verhalten wiederbesetzt. Das sei absehbar, da der Zuwanderungsdruck etwa aus Italien stetig zunehme.

«Damit werden bei dem wolfskritischen Teil der Bergbevölkerung und der Alpwirtschaft Erwartungen geschürt, die nicht erfüllt werden können», zeigen sich die Kantone überzeugt.

Gleichzeitig bedauern die Kantone, dass Röstis Departement nicht mehr Gewicht auf den Herdenschutz legt. Schliesslich habe die Zahl der Risse an Nutztieren so trotz gestiegenem Wolfsbestand nicht zugenommen. Wegen fehlender Finanzen aber hätten in einigen Kantonen nicht alle Gesuche für Schutzmassnahmen berücksichtigt werden können. Das Budget sei zwingend zu erhöhen.

Die Kantonalkonferenz macht aus ihrem Unmut kein Geheimnis. Mehrere Kantone würden den Entwurf sogar am liebsten bachab schicken und das gesamte Jagdgesetz nochmals zusammen mit dem Bund neu aufgleisen. Sie machen Rösti unmissverständlich klar: Wenn er seinen Entwurf nicht anpasst, kann er nicht mit ihrer Unterstützung rechnen.

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