Renten-Zoff zwischen Ex-Partnern
Gewerkschafts-Boss Maillard schiesst sich auf die Mitte ein

Einst kämpften Linke und CVP gemeinsam für Renten-Lösungen. Nun ist das Verhältnis zerrüttet. Gewerkschafts-Boss Pierre-Yves Maillard teilt gegen die Mitte aus.
Publiziert: 25.09.2021 um 10:29 Uhr
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2017 kämpften CVP und Linke noch zusammen für die Rentenreform 2020.
Foto: Keystone
Sermîn Faki

«Wir halten die Schweiz zusammen.» So lautet das Versprechen der Mitte. Mit «sozialer Verantwortung» will die Partei unter Gerhard Pfister (58) «mit tragfähigen Lösungen für unser Land vorangehen», heisst es auf der Website.

Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard (53) kann darüber nur den Kopf schütteln. «In der Rentenfrage ist der Dialog mit der Mitte der schwierigste», sagt er. «Mit der SVP haben wir eine Allianz, um die Negativzins-Gewinne der Nationalbank der AHV zukommen zu lassen. Bei der beruflichen Vorsorge in der zweiten Säule zeigen FDP und GLP ein gewisses Verständnis für den Sozialpartner-Kompromiss. Die Mitte hat uns bis jetzt einfach ignoriert», sagt der Waadtländer SP-Nationalrat.

Selbst bei der Heiratsstrafe gibt es keine Lösung

Und das sogar, wenn es um Kernanliegen der Partei geht. Seit Jahren etwa beklage die Mitte die Heiratsstrafe bei der AHV – den Fakt, dass Ehepaare statt zwei Renten nur eineinhalb ausbezahlt bekommen. «Das ist ein Problem, das angegangen werden muss», findet auch Maillard. Er hat darum vorgeschlagen, zumindest die Erziehungsgutschriften aus dem Rentenplafonds für Ehepaare auszunehmen.

Erziehungsgutschriften sind fiktive Einkommen, die zumeist Frauen angerechnet werden, die sich um die Kindererziehung kümmern. Diese Gutschriften werden bei der Rentenberechnung berücksichtigt und erhöhen so die Renten. Doch, wie Maillard sagt, profitieren drei Viertel aller Ehepaare nicht davon – wegen des Plafonds.

Umso grösser sein Unverständnis, dass die Mitte seinen Vorschlag nicht unterstützt. «Und das, obwohl sie gar eine Volksinitiative zur Abschaffung der Heiratsstrafe in der AHV lancieren will.»

Gewerkschaften drohen mit dem Referendum

Im Rentenzoff muss das Verhältnis zwischen Linke und Mitte als zerrüttet bezeichnet werden. Und das, obwohl man noch vor wenigen Jahren gemeinsam für die Altersvorsorge 2020 kämpfte.

Nachdem diese Schlacht verloren ging, schlug sich die Mitte auf die bürgerliche Seite. Diese will das Rentenalter 65 für beide Geschlechter durchdrücken. Frauen mit tiefen Einkommen sollen für das zusätzliche Arbeitsjahr entschädigt werden. Für die Übergangsgeneration hat der Ständerat letzte Woche AHV-Zuschläge von 240 Franken pro Monat gutgeheissen.

Die Gewerkschaften werden das mit einem Referendum bekämpfen. «Frauen bekommen global 30 Prozent weniger Rente als die Männer. Es ist ungerecht, ihr Rentenalter anzuheben», erklärt Maillard. Um eine finanzielle Lücke in der AHV zu decken, gebe es andere Möglichkeiten. Beispielsweise die Gewinne, die die Nationalbank mit den Negativzinsen macht, der AHV zufliessen zu lassen. Doch die Mitte lehne das ab.

Was kostet das zusätzliche Arbeitsjahr?

«Stattdessen schickt sie Frauen ein Jahr länger arbeiten – was die Schwierigkeiten der Senioren im Arbeitsmarkt erhöhen wird und Familien teuer zu stehen kommt», sagt Maillard. Grossmütter, die länger arbeiten müssen, fehlen beim Enkelhüten. Er erinnert daran, dass die Kinderbetreuung durch Grosseltern einen Wert von acht Milliarden Franken pro Jahr habe.

Die Mitte wiederum moniert eine Verweigerungshaltung bei den Gewerkschaften. Nationalrätin Ruth Humbel (64) wies im Sonntagsblick darauf hin, dass diese bei der Altersvorsorge 2020 bereit waren, das Rentenalter der Frauen jenem der Männer anzugleichen – und nun nichts mehr davon wissen wollen. Und ausserdem sei die Politik daran, die tiefen Frauenrenten in der zweiten Säule anzugehen.

Wenn, dann aber nicht mit Hilfe der Mitte, kontert Maillard. «Statt das vom Bundesrat vorgeschlagene Modell der Sozialpartner zu unterstützen, setzt sich die Mitte für eine rechts-bürgerliche Lösung ein, die die Renten der meisten Frauen noch weiter senkt.»

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