Die Reform der Beruflichen Vorsorge (BVG) ist ein harter Brocken, an dem sich die Nationalrätinnen und Nationalräte der Sozialkommission die Zähne ausbeissen. Zum zweiten Mal haben sie alle Optionen durchdiskutiert – und noch immer steht kein definitiver Entscheid fest.
Sozialpartner-Kompromiss ist wohl gestorben
Klar ist: Der Sozialpartner-Kompromiss, für den sich auch Bundesrat Alain Berset (49) starkmachte, ist in der Kommission gescheitert. Er sah vor, dass eine Übergangsgeneration für die Senkung des Mindest-Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent monatlich 100 bis 200 Franken als Ausgleich bekommt – finanziert durch eine solidarische Abgabe von 0,5 Prozent auf den AHV-Lohn.
Eine Mehrheit der Sozialpolitikerinnen und -politiker des Nationalrats kritisiert das «Gieskannenprinzip» dieses Modells. Es greife ausserdem zu stark in die Selbständigkeit der Pensionskassen ein, bemängeln sie.
Modell ist deutlich günstiger
Stattdessen hat sich ein Modell durchgesetzt, das eine bürgerliche Gruppe um SVP-Nationalrat Thomas de Courten (55, BL) vorschlug. Es beinhaltet einen gleich hohen Rentenzuschlag wie im Bundesrats-Modell, aber auf 15 Jahrgänge begrenzt. Zudem: Die Kompensation würde nur eine Minderheit der Versicherten bekommen.
Finanziert werden soll der Aufschlag durch Lohnbeiträge. Die Pensionskassen sollen die notwendigen Beiträge aber auch aus Rückstellungen finanzieren können. Die Kommission schätzt, dass sie etwa 800 Millionen Franken pro Jahr kosten – weniger als halb so viel wie der Sozialpartner-Kompromiss.
Für SP und Gewerkschaften inakzeptabel
Auch das Modell, das nun auf dem Tisch liegt, ist allerdings umstritten. Eine starke Minderheit halte es für nicht mehrheitsfähig, teilte die Kommission mit. Dazu gehört die SP. SP-Nationalrätin Barbara Gysi (57, SG) bezeichnet den Vorschlag als «inakzeptabel», weil für die niedrigsten Einkommen die Ausgaben steigen und die künftigen Renten sinken würden.
Auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund kritisiert den Vorentscheid aufs Schärfste. «Für Verkäuferinnen oder Krankenpflegerinnen ist der Revisionsvorschlag der Kommission fatal. Mit ihren tiefen Löhnen werden sie besonders zur Kasse gebeten.» Denn sie würden keinen Rentenzuschlag erhalten, müssten aber dennoch für die Rentenzuschläge der anderen, nur im BVG-Obligatorium Versicherten zahlen. Damit sei die BVG-Reform zum Scheitern verurteilt.
Noch ist das letzte Wort nicht gesprochen. Die Kommission hat nun erneut die Bundesverwaltung mit Berechnungen beauftragt. Im Herbst soll dann ein endgültiger Entscheid fallen. (lha)