Die Pläne des Bundesrats sind klar: Die Regierung will Restaurants statt nur bis am 22. Januar bis Ende Februar geschlossen lassen. Über die definitive Verlängerung des Teil-Lockdowns will der Bundesrat am Mittwoch entscheiden.
Vorher holt SP-Gesundheitsminister Alain Berset (48) nochmals die Meinung der Kantone ein. Nicht nur zur Lockdown-Verlängerung, sondern auch zu möglichen weiteren Verschärfungen, die er ebenfalls umsetzen will, falls sich die Situation rasch verschlechtert.
Die Stellungnahmen einiger Kantone liegen bereits vor. Die meisten Kantone unterstützen den Grossteil der vorgeschlagenen Massnahmen zumindest in der Stossrichtung. Das sagen sie konkret:
Teil-Lockdown verlängern – aber nur bei gleichzeitiger Hilfe
Der Bundesrat will den geltenden Teil-Lockdown für Beizen oder Museen bis Ende Februar verlängern. Die geplante Verlängerung stösst in den Kantonen grundsätzlich auf Zustimmung – wenn teils auch zähneknirschend, wie ein involvierter Regierungsrat meint. Die Nidwaldner Regierung etwa knüpft ihre Zustimmung an die Bedingung, «dass die mit einem Verbot belasteten Unternehmen für deren Ausfälle sofort und umfassend durch den Bund entschädigt werden».
Darauf pocht auch der Kanton Luzern: Er ist mit der Verlängerung unter der Bedingung einverstanden, dass die betroffenen Branchen eine entsprechende sofortige finanzielle Unterstützung durch den Bund erhalten. «Die Hürden, die zu finanziellen Unterstützungsbeiträgen berechtigen, sind zu senken», sagt CVP-Regierungsrat Guido Graf (62). Nicht anders tönt es aus dem Kanton Obwalden.
Baselland möchte vorerst allerdings nur um drei statt fünf Wochen verlängern: «Die Frage, ob die komplette, teils bereits mehrmonatige Schliessung von Restaurants oder Kultureinrichtungen tatsächlich einen entscheidenden Beitrag an die Pandemiebekämpfung leistet, bleibt offen», gibt die Baselbieter Regierung zu bedenken. «Aufgrund der langen Dauer der Massnahmen werden jedoch in erheblichem Masse Arbeitsplätze und Lehrstellen gefährdet.» Weitere Kantone würden ebenfalls auf eine kürzere Verlängerung drängen, heisst es.
Gegen Laden-Lockdown
Im Falle einer Verschärfung der Lage will der Bundesrat Läden und Märkte schliessen – ausser solche, die Güter des täglichen Bedarfs anbieten.
Eine Massnahme, die aktuell auf wenig Wohlwollen stösst. Baselland etwa lehnt den Laden-Lockdown als derzeit «unzweckmässig» ab. Die Massnahme könne «in Reserve gehalten werden» für den Fall einer drastischen Verschlechterung. Auch Bern erachtet die Massnahme als zu weitgehend. «Allein im Kanton Bern drohen bei einem solchen Schritt weitere rund 3000 Unternehmen zu Härtefällen zu werden.»
Ähnlich tönt es in der Ostschweiz: Der Thurgauer Regierungsrat «lehnt die Schliessung ab», heisst es auf Anfrage.
Ebenso in der Zentralschweiz: Auch der Luzerner Regierungsrat stellt sich gegen den Laden-Lockdown – «unter anderem mit Blick auf die Langzeitfolgen für den Detailhandel», so Graf. Und weiter: «Aufgrund der verschiedenen vorgeschlagenen Ausnahmen dürfte die Wirkung dieser Massnahme zudem in Frage gestellt und die Umsetzung generell schwierig kontrollierbar sein.» Für den Kanton Obwalden kommt eine Schliessung höchstens infrage, wenn der Bund die Ausfälle der betroffenen Unternehmen vollständig übernimmt.
Bisher plädiert einzig der Aargau offen für die Massnahme – gilt sie dort doch bereits seit drei Wochen. In dieser Zeit «konnte eine rasche und deutliche Fallzahlen-Abnahme sowie Reduktion des Reproduktionswertes beobachtet werden, die Hospitalisationsrate hat sich stabilisiert und ist sogar deutlich sinkend, und auch die Todesfallzahlen sind stabil bis sinkend», schreibt die Aargauer Regierung.
Umstrittene Homeoffice-Pflicht
Arbeiten von daheim aus ist nicht mehr nur eine dringende Empfehlung, sondern wird – wo möglich – Pflicht. Baselland stimmt dem zu, «soweit die betriebliche Aufgabenerfüllung gewährleistet bleibt». Ebenso begrüsst der Thurgau die Verschärfung – im Kanton gilt bereits seit einem Monat so weit als möglich eine Homeoffice-Pflicht.
Der Kanton Luzern zeigt sich mit einer Home-Office-Verschärfung im Sinne einer «nachdrücklichen Empfehlung» einverstanden, nicht jedoch mit einer Pflicht. «Ein Grossteil der Betriebe setzt die Home-Office-Empfehlung wo möglich und sinnvoll bereits um, da dies auch in ihrem eigenen Interesse ist», ist CVP-Gesundheitsdirektor Graf überzeugt. Im Kanton Luzern gilt bereits die Regelung, dass die Arbeitgeber dafür sorgen, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitsverpflichtungen so weit als möglich von zu Hause aus erfüllen. «Der Luzerner Regierungsrat würde eine solche Regelung auf Bundesebene unterstützen», so Graf.
Bern wiederum will es bei einer «starken Empfehlung» und der Aargau bei einer «dringlichen Empfehlung» belassen. Genauso der Kanton Wallis, zumal es schwierig wäre, «ein Unternehmen für die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung zu bestrafen.»
Maskenpflicht am Arbeitsplatz
Wenn Homeoffice nicht möglich ist, müssen die Arbeitnehmenden in Innenräumen eine Maske tragen – ohne Ausnahmen. Die Kantone stimmen dem mehrheitlich zu.
Privattreffen einschränken
An privaten Treffen dürfen noch maximal zehn Personen aus höchstens zwei Haushalten teilnehmen – Kinder eingerechnet. Bisher ist die Haushalte-Beschränkung nur eine Empfehlung. Die Kantone sagen bisher ja zur neuen Pflicht.
Menschenansammlungen beschränken
Im öffentlichen Raum dürfen sich nur mehr 10 und nicht mehr 15 Personen treffen. Auch diese Massnahme stösst bei den Kantonen bisher auf Zustimmung. Der Aargau fordert sogar eine Obergrenze von nur 5 Personen.
Kantone schlagen weitere Massnahmen vor
Die Kantone haben zudem weitere Vorschläge in petto, wie der Corona-Pandemie eingedämmt werden soll. Zum Beispiel:
- Schnelltests für Einreisende: Der Kanton Baselland verlangt, «dass alle für mehr als 24 Stunden in die Schweiz einreisenden Personen unabhängig ihrer Nationalität systematisch einem Antigen-Schnelltest unterzogen werden». Positiv Getestete müssten sofort in Isolation. «Das sei eine effektive und effiziente Massnahme gegen die Einschleppung und Ausbreitung des Coronavirus.
- Sammelfristen-Unterbruch: «Das Sammeln von Unterschriften auf der Strasse kollidiert mit dem Aufruf, Kontakte zu vermeiden», findet der Kanton Bern. Der Berner Regierungsrat schlägt daher eine Unterbrechung der Sammelfristen vor – wie dies schon im Frühjahr der Fall war.
- Rückkehr zur ausserordentlichen Lage: Der Bundesrat solle erneut die ausserordentliche Lage gemäss Epidemiengesetz anordnen, findet der Kanton Aargau, «damit national rasch und einheitlich die nötigen Entscheide gefällt werden können».
Nicht alle Kantone sind zu Transparenz bereit und machen ihre Stellungnahme publik. So verweigern etwa die Kantone Graubünden, Zürich, Basel-Stadt oder Solothurn die Herausgabe. Solothurn antwortet nur allgemein: «Das Ziel ist klar: Die Fallzahlen müssen schweizweit so rasch wie möglich sinken», erklärt Sprecherin Andrea Affolter. «Dies gelingt nur, wenn alle ihren Teil dazu beitragen und überall im Land dieselben Massnahmen ergriffen werden und dieselben Regeln gelten.»