Auf einen Blick
- Bundesverwaltung wächst stetig, zusätzliche Kommissionen werden eingesetzt
- Kritik an Nutzen und Aufgaben der ausserparlamentarischen Verwaltungskommissionen
- 110 Gremien mit 1600 Mitgliedern, jährliche Kosten von 65 Millionen Franken
Vom wissenschaftlichen Mitarbeiter über die Mechanikerin bis zur Juristin – gut 42'000 Menschen arbeiten heute in der Bundesverwaltung, die fast jedes Jahr weiter anwächst – und das scheint noch immer nicht zu reichen.
Vielerorts setzt der Bundesrat zusätzlich sogenannte ausserparlamentarische Verwaltungskommissionen ein. «Die Bundesverwaltung kann so auf Fachwissen zurückgreifen, das sie sich sonst durch eine Vergrösserung der Verwaltung oder durch die Vergabe von Mandaten an Experten aneignen müsste», so Bundeskanzler Viktor Rossi (56).
243 Seiten lange Liste
Und als läge es in der Natur der Sache: Auch die Zahl dieser Kommissionen stieg rasch. Von Stalleinrichtungen und Design über Familien- und Jugendfragen bis Handelsregister, Geologie oder Stipendien – rund 110 Gremien mit 1600 Mitgliedern nannte SVP-Mann Werner Salzmann (62) kürzlich im Ständerat: «Die Liste mit den Namen der gewählten Mitglieder ist 243 Seiten lang.»
Der Bundesrat kann nicht einmal genau sagen, was diese Experten den Steuerzahler kosten. Eine Umfrage bei den Departementen von 2019 habe für die Jahre 2016 und 2017 durchschnittliche Kosten von je rund 65 Millionen Franken ergeben, erklärt die Bundeskanzlei. Davon erhalten die Mitglieder etwa 10 Millionen. Der Rest verteile sich auf Sekretariats- sowie Sachkosten. Die genaue Kostenermittlung sei vor zehn Jahren eingestellt worden – aus Kostengründen.
Auf Unverständnis stösst die Fachkommission zur Beurteilung der Behandelbarkeit lebenslänglich verwahrter Straftäter. Für SVP-Ständerat Werner Salzmann (62) wirkt sie völlig unnötig. So hätten ihr die Justizvollzugsbehörden seit ihrem rund zehnjährigen Bestehen noch keinen einzigen Fall vorgelegt.
Die Info ist mittlerweile überholt. Zwar kommt es selten vor, dass in der Schweiz Menschen zu lebenslanger Haft verurteilt werden. In mehreren Fällen sei erfolgreich Berufung eingelegt worden. Nur eine Person verzichtete darauf. Diesen Fall hat die Kommission untersucht und Ende 2024 erstmals einen Bericht vorgelegt.
Obwohl es zuvor keine Fälle gab, hat sich die Kommission jährlich getroffen. Was SVP-Salzmann im Ständerat zum Kommentar verleitete: «Ich frage mich, wieso es eine Kommission für informellen Austausch gibt.»
Auf Unverständnis stösst die Fachkommission zur Beurteilung der Behandelbarkeit lebenslänglich verwahrter Straftäter. Für SVP-Ständerat Werner Salzmann (62) wirkt sie völlig unnötig. So hätten ihr die Justizvollzugsbehörden seit ihrem rund zehnjährigen Bestehen noch keinen einzigen Fall vorgelegt.
Die Info ist mittlerweile überholt. Zwar kommt es selten vor, dass in der Schweiz Menschen zu lebenslanger Haft verurteilt werden. In mehreren Fällen sei erfolgreich Berufung eingelegt worden. Nur eine Person verzichtete darauf. Diesen Fall hat die Kommission untersucht und Ende 2024 erstmals einen Bericht vorgelegt.
Obwohl es zuvor keine Fälle gab, hat sich die Kommission jährlich getroffen. Was SVP-Salzmann im Ständerat zum Kommentar verleitete: «Ich frage mich, wieso es eine Kommission für informellen Austausch gibt.»
Schon mehrfach wurden die Kommissionen infrage gestellt. Der Verdacht wurde laut, dass sie nur Jobs für abgewählte Parlamentarier bieten sollen. Dabei sei gar nicht immer klar, welche Aufgaben sie eigentlich haben und welchen Nutzen sie bringen, bilanzierte die parlamentarische Verwaltungskontrolle bereits 2022. Der Nationalrat forderte vom Bundesrat denn auch, dem Wildwuchs ein Ende zu bereiten und die Zahl der Kommissionen deutlich zu senken. Der Ständerat aber wehrte sich im vergangenen Dezember dagegen. Die Pöstchen sollen bleiben.
«Tagen nur, weil es sie gibt»
Dabei hatte auch die ständerätliche Geschäftsprüfungskommission (GPK) Kritik geäussert. Eine Überprüfung habe aufgedeckt, «dass verschiedene Kommissionen existieren, die nur selten, nie oder nur deshalb tagen, weil es sie gibt». Das liege auch daran, dass immer wieder Aufträge unklar seien. Schon 2022 hatte die GPK daher dem Bundesrat geraten, zu prüfen, welche Gremien tatsächlich nötig seien. Handlungsbedarf erkannte selbst die Regierung. Passiert ist dennoch wenig. 2023 wurden die Kommissionen für weitere vier Jahre eingesetzt.
SVP-Nationalrat Thomas Burgherr (62) will sich damit nicht abfinden. Erneut rief er nach einer «Entschlackungskur» und einem Konzept, was diese Gremien eigentlich sollen. Dabei gehe es ihm weniger um das Sparpotenzial, hatte er in der «Schweizerischen Gewerbezeitung» erklärt. «Mein Ziel ist es, dass wir Missstände aufdecken und verhindern können. Wir müssen die Bürokratie bändigen.»
Für Stirnrunzeln unter Politikern sorgt die Fachkommission Filmförderung. Sie beurteilt die Fördergesuche von Filmschaffenden. Sie umfasst satte 44 Mitglieder, das sind fast 300 Prozent mehr, als die rechtliche Vorgabe vorsieht. Sie sei völlig aufgebläht, lautet ein Vorwurf.
Das Bundesamt für Kultur (BAK) relativiert: Die Kommission tage in Ausschüssen von maximal 5 Personen. Bei den 44 Mitgliedern handle es sich nur um einen Pool, um Ausschüsse nach verschiedenen Kriterien zusammenstellen zu können.
Das BAK selber prüfe nur formelle und rechtliche Voraussetzungen der eingegangenen Gesuche von Kulturschaffenden. Die Prüfung der Qualität werde dagegen an die externen Experten delegiert, die dann Empfehlungen aussprechen: «Dies darum, weil das Filmgesetz davon ausgeht, dass es nicht Aufgabe des Staates sei, die künstlerische Qualität von Projekten durch Bundesangestellte zu evaluieren.»
Jeweils 4 Mal im Jahr tagt die Kommission in den Kategorien Spiel- und Dokfilm sowie Animation und bewerte dabei insgesamt 500 bis 600 Gesuche. Das kostet den Steuerzahler jährlich bis zu 500'000 Franken. Davon seien 85 Prozent für Honorare und etwa 15 Prozent für Unterkünfte bei mehrtägigen Sitzungen.
Für Stirnrunzeln unter Politikern sorgt die Fachkommission Filmförderung. Sie beurteilt die Fördergesuche von Filmschaffenden. Sie umfasst satte 44 Mitglieder, das sind fast 300 Prozent mehr, als die rechtliche Vorgabe vorsieht. Sie sei völlig aufgebläht, lautet ein Vorwurf.
Das Bundesamt für Kultur (BAK) relativiert: Die Kommission tage in Ausschüssen von maximal 5 Personen. Bei den 44 Mitgliedern handle es sich nur um einen Pool, um Ausschüsse nach verschiedenen Kriterien zusammenstellen zu können.
Das BAK selber prüfe nur formelle und rechtliche Voraussetzungen der eingegangenen Gesuche von Kulturschaffenden. Die Prüfung der Qualität werde dagegen an die externen Experten delegiert, die dann Empfehlungen aussprechen: «Dies darum, weil das Filmgesetz davon ausgeht, dass es nicht Aufgabe des Staates sei, die künstlerische Qualität von Projekten durch Bundesangestellte zu evaluieren.»
Jeweils 4 Mal im Jahr tagt die Kommission in den Kategorien Spiel- und Dokfilm sowie Animation und bewerte dabei insgesamt 500 bis 600 Gesuche. Das kostet den Steuerzahler jährlich bis zu 500'000 Franken. Davon seien 85 Prozent für Honorare und etwa 15 Prozent für Unterkünfte bei mehrtägigen Sitzungen.
Im Ständerat nannte SVP-Kollege Salzmann einige «Müsterchen»: So spielte die extra geschaffene Pandemiekommission ausgerechnet in der Corona-Pandemie kaum eine Rolle. Das Staatssekretariat für Migration habe angegeben, den Rat der Migrationskommissionen gar nicht zu benötigen. Und die Kommission für die Harmonisierung der direkten Steuern des Bundes, der Kantone und Gemeinden habe von 2016 bis 2019 gar nicht getagt. Erst 2020 hätten sich die Mitglieder getroffen, um neue Themen zu suchen – zumindest diese sei nicht mehr gelistet.
Die Kritik aber bleibt: «Offenbar suchen Kommissionen im Rahmen ihres Auftrags krampfhaft nach Aufgaben, um ihre Existenz zu rechtfertigen.» Komme hinzu: Einzelnen befragten Exponenten sei gar nicht bewusst gewesen, dass sie Mitglied einer entsprechenden Kommission sind. Der Bundesrat solle daher prüfen, ob er auf diese tatsächlich angewiesen ist. «Es kann nicht angehen, dass hier einfach Jobs geschaffen werden oder vom Staat bezahltes Lobbying betrieben wird.»
Halbherzige Beteuerung des Bundesrats
Die Kritik renne offene Türen ein, versicherte Bundeskanzler Rossi im Dezember im Ständerat: «Dem Bundesrat ist es selbstverständlich ein Anliegen, dass Kommissionen aufgehoben werden, die die gesetzlichen Vorlagen nicht oder nicht mehr erfüllen.» Anlässlich der Erneuerungswahlen würden diese ohnehin alle vier Jahre überprüft. Das soll 2027 wieder passieren.
Bürgerlichen geht das zu lange. Schon einmal habe der Bundesrat die GPK-Kritik ignoriert und die Kommissionen für weitere vier Jahre wiedergewählt, bemängelt SVP-Ständerat Pirmin Schwander (63): «Wenn es um Empfehlungen der Kommissionen geht, stelle ich immer wieder fest, dass der Bundesrat zögert.»
Bisherige Massnahmen greifen auch Parteikollege Salzmann zu wenig. Es brauche ein klares Konzept mit Zielsetzungen, Controlling und Nutzungserhebung: «Zudem ist es gerechtfertigt, dass auch dieser stark kritisierte Bereich etwas zur Verbesserung des Bundeshaushalts beiträgt.» Nur, geht es um mögliche Jöbli für sich selber, scheinen das im Parlament viele nicht hören zu wollen.