Tausende dürfen sich im Moment nur von der Dusche ins Schlafzimmer oder, wenn sie Glück haben, in den Garten bewegen. Sie haben sich über Weihnachten oder Neujahr mit Corona angesteckt und befinden sich nun für zehn Tage in Isolation. Zehntausende weitere Personen sind wegen eines engen Kontaktes mit einer infizierten Person in Quarantäne. Wer einen Bürojob hat und nicht schwer erkrankt, kann von zu Hause aus arbeiten. Anders ist das bei Verkäuferinnen, bei Busfahrern – oder beim Spitalpersonal.
Viele Spitäler stossen aktuell an ihre Grenzen, weil sich Ärzte und Pflegende in Isolation oder Quarantäne befinden. Der Luzerner Gesundheitsdirektor Guido Graf (63) sagt: «Das grosse Problem sind derzeit nicht primär die vielen Covid-Patienten, sondern die Mitarbeitenden, die wegen einer Covid-Ansteckung ausfallen.» In Luzern hätten bereits mehrere Betten auf der Intensivstation geschlossen werden müssen, weil Personal ausgefallen sei. Ein Spital im Kanton sei wegen des Personalmangels gar für kurze Zeit nicht mehr aufnahmefähig gewesen. «Das macht uns Sorgen», sagt Graf. Noch könne man sich aushelfen, «aber die Situation ist sehr fragil».
Ärzte aus Isolation holen?
Ähnlich klingt es aus anderen Regionen. Eine Sprecherin des Berner Inselspitals schreibt, die krankheitsbedingten Personalausfälle würden «im Vergleich zur Vorperiode relevant zunehmen». Das Spital rechnet damit, dass es wegen der raschen Ausbreitung von Omikron in den kommenden Wochen zu weiteren Ausfällen kommt.
Um dem drohenden Personalausfall zu begegnen, zieht das Spital verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Zum einen könne Personal verschoben werden, schreibt die Sprecherin. Zum anderen sei eine Lockerung der Quarantäne- und der Isolationsregeln möglich. So kann Gesundheitspersonal, das keine Symptome aufweist, nach Absprache mit der Kantonsärztin vorzeitig aus der Isolation entlassen werden.
Das heisst: Infizierte Pflegende kümmern sich dann um Covid-Kranke. Das war im Kanton Bern bereits im Winter 2020 vereinzelt der Fall.
Sorgenkind IPS
Auch das Universitätsspital Zürich verweist auf diese Möglichkeit. Relevant sei aber nicht nur die Zahl der Ausfälle, sondern vielmehr die betroffenen Bereiche und Berufsgruppen. «So ist bekanntermassen die personelle Situation auf den Intensivstationen ohnehin angespannt, und Ausfälle wirken sich dort deshalb rasch auf die Kapazitäten aus», schreibt eine Sprecherin. Bereits heute müssten am Universitätsspital immer wieder nicht dringliche Operationen verschoben werden.
Bei den Spitälern Frutigen Meiringen Interlaken wird wegen der angespannten Lage die Zahl der Operationssäle bereits reduziert. Generell heisst es aus vielen Spitälern, dass das vorhandene Personal im Moment noch ausreiche, um die Aufgaben zu bewältigen, die Situation sich aber bald verschlechtern könnte. So schreibt etwa das Spitalzentrum Biel: «Leistungen mussten wir vorerst nicht reduzieren; wir rechnen allerdings damit, dass es in rund zwei Wochen so weit sein könnte.»