Pestizid-Initiative würde auch Hobby-Gärtnern die Giftspritze verbieten
Schluss mit Schneckenkorn und Blattlaus-Stop

Auch Hobby-Gärtner greifen zur Giftspritze, wenn den Blattläusen oder den Schnecken nicht einfach beizukommen ist. Ein Ja zur Pestizid-Initiative würde dem ein Ende machen. Doch Verschärfungen sind so oder so in Planung.
Publiziert: 14.05.2021 um 18:58 Uhr
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Die Pestizid-Initiative will den Einsatz von pestizidhaltigen Pflanzenschutzmitteln verbieten.
Foto: Keystone
Gianna Blum

Sie heissen Insect-Stop oder Aerofleur, und sie bekämpfen Blattläuse und andere Schädlinge. Doch so manches Pflanzenschutzmittel, das im Detailhandel zu haben ist, macht nicht nur diesen den Garaus – sondern schadet auch Bienen und kann Gewässer verunreinigen. Die Pestizid-Initiative, über die wir am 13. Juni abstimmen, zielt zwar vor allem auf die Landwirtschaft. Betroffen wäre aber auch die Hobbygärtnerin, die ihre Tomaten im Schrebergarten oder die Salatsetzlinge auf der Dachterrasse schützen will.

Erhebungen dazu, wie viel Gift in Haus- und Schrebergärten gespritzt wird, gibt es nicht. Klar ist: Im Vergleich zur Landwirtschaft sind die Mengen klein. Fachleute gehen von fünf bis zehn Prozent der verkauften Pflanzenschutzmittel aus, die Privatanwender nutzen. Pro Jahr sind das aber immer noch 100 bis 200 Tonnen.

Gärtnern als Hobby

Die Forderung, bei Privaten die Schraube anzuziehen, liegt schon länger auf dem Tisch. Allen voran von der Baselbieter Ständerätin Maya Graf (58, Grüne). «Die allermeisten Privatanwender wissen nicht, wie sie mit hochgiftigen Mitteln umgehen müssen», sagt sie.

Es sei erschreckend, wie einfach giftige Produkte nach wie vor in Gartencentern zu erhalten seien. Und während Profis Mittel fachgerecht entsorgen müssen, landeten Reste im Hausmüll oder im Abfluss. «Im eigenen Garten macht es doch nichts, wenn die Schnecken mal den Salat fressen oder die Rosen von Läusen befallen sind», findet Graf – schliesslich sei das ein Hobby.

Ein Verbot giftiger Mittel, wie es die Initiative fordert, sei immer noch die einfachste Lösung, ist Graf überzeugt. «Anwender könnten sich darauf verlassen, dass dann Produkte auf der Positivliste nicht umwelt- oder gesundheitsschädigend sind.»

Bund verschärft die Regeln

Seit 2019 hat das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) eine Datenbank, die fein säuberlich auflistet, was gebraucht werden darf, wenn man nur die eigenen Gartenkräuter schützen will. Und seit Anfang diesen Jahres ist die Abgabe von einer ganzen Reihe an Produkten verboten.

Dennoch sind einige von ihnen nach wie vor problemlos zu bekommen. «Es liegt in der Verantwortung der Lieferanten und Verkaufsstellen, das Verbot umzusetzen», sagt das Amt. Für die Überwachung seien wiederum die Kantone zuständig.

Doch auch die noch erlaubten Produkte sind nicht unbedingt unbedenklich. Laut Andri Bryner vom ETH-Wasserforschungsinstitut Eawag sind manche der legal erhältlichen Insektizide hochgiftig: «Sie sind schon in sehr kleinen Konzentration für Gewässerorganismen schädlich.» Schon ein Fingerhut von Insect-Stop in einem Bach tötet Organismen wie Bachflohkrebse über mehrere Kilometer ab.

Stadtgärtner mit Umweltbewusstsein

Zwar deklarieren die Hersteller auf den Produkten jeweils, ob ein Produkt verdünnt werden muss oder zu bestimmten Zeiten nicht eingesetzt werden sollte – weil etwa die Bienen fliegen. Nur: «Oftmals sind die Sicherheitshinweise recht versteckt, klein gedruckt, oder man muss einen erst einen Kleber lösen», kritisiert Bryner. In den letzten Jahren habe sich allerdings viel getan – auch in den Köpfen der Gärtner: «Die Zeit, in der in den Hausgärten extrem gegiftelt worden ist, ist sicher vorbei.»

Dem stimmt die Organisation Bioterra für Bio- und Naturgarten zu. «Mit dem Aufkommen von Urban Gardening gibt es eine neue Generation von Privaten, denen nachhaltiges Produzieren wichtig ist», sagt Präsident Jean Bernard Bächtiger. Er hält ein Verbot, wie die Initiative es fordert, dennoch für nötig. Denn die Verschärfungen des Bundes seien oft eher «Kosmetik», kritisiert er.

Neue Verschärfungen könnten mit dem neusten Verordnungspaket, das der Bund in Vernehmlassung geschickt hat, indes bald kommen. Laut BLW würden einzelne Produkte verboten, diverse Wirkstoffe dürften nur noch verdünnt verkauft worden. «Ein wichtiger Schritt», findet die Grüne Maya Graf. «Das reicht aber nicht, mit der Einschränkung von toxischen Pestiziden ist es nicht getan.» Es brauche auch einen Investitionsschub in die Pflanzenzüchtung und die Biobaulandforschung.

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