Pensionskassen-Reform
Linke und Gewerkschaften lancieren das Referendum

Die umstrittene Pensionskassen-Reform hat es Mitte März durchs Parlament geschafft. Nun startet ein Bündnis aus linken Parteien und Gewerkschaften mit der Unterschriftensammlung dagegen.
Publiziert: 31.03.2023 um 10:00 Uhr
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Aktualisiert: 31.03.2023 um 11:32 Uhr
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. «Diese Pensionskassen-Vorlage verfehlt alle gesteckten Ziele», sagt SP-Co-Chefin Mattea Meyer (35).
Foto: keystone-sda.ch

Am Freitag lancierte in Bern ein breites Bündnis die Unterschriftensammlung für das Referendum gegen die Pensionskassen-Reform. Das Bündnis aus Gewerkschaften und Parteienvertreterinnen ist der Ansicht, dass die vom Parlament beschlossene BVG-Reform zu Rentenverlusten und massiven Mehrkosten für Normalverdienende führt.

Gewinnerin der «missratenen» Vorlage sei einzig die Finanzwirtschaft, kritisiert es. Eine bürgerliche Mehrheit im Parlament hatte die Pensionskassen-Reform Mitte März gegen den Widerstand der Linken durchgebracht.

«Vorlage aus der Zeit gefallen»

Für den Präsidenten des Schweizerischen Gewerkschaftbunds (SGB) und SP-Nationalrat Pierre-Yves Maillard (55) ist die Vorlage aus der Zeit gefallen. «Die Senkung des Umwandlungssatzes ist eine Idee aus der Zeit der Negativzinsen. Durch Zinswende und Teuerung müssen die Renten nun erhöht, nicht weiter gesenkt werden», sagte er an einer Medienkonferenz in Bern.

Das sind die Eckwerte der Pensionskassen-Reform

Es war ein hochfliegendes Reformprojekt von SP-Sozialminister Alain Berset (50): Die Altersvorsorge 2020, mit welcher er AHV und Berufliche Vorsorge (BVG) gleichzeitig reformieren wollte. Doch in der Abstimmung 2017 folgte der Absturz. Mit 52,7 Prozent Nein schickte das Stimmvolk die Rentenreform bachab.

Daraufhin packten Bundesrat und Parlament die beiden Säulen getrennt an. Einen knappen Abstimmungserfolg verbuchte Berset zusammen mit der bürgerlichen Parlamentsmehrheit letztens bei der AHV-Reform, mit welcher eine Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 erfolgte.

Nun ist die Pensionskassen-Reform an der Reihe, die eine bürgerliche Mehrheit im Parlament gegen den Widerstand der Linken durchgebracht hat. Das sind die wichtigsten Eckwerte:

Tieferer Umwandlungssatz

Der Mindestumwandlungssatz im BVG-Obligatorium soll von heute 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent sinken. Das bedeutet: Auf 100'000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr. Das führt zu einer Rentenlücke von rund 12 Prozent.

Rentenzuschlag für Übergangsgeneration

Es ist das eigentliche Herzstück der Vorlage. Die drohende Rentenlücke soll über einen Rentenzuschlag ausgeglichen werden. Allerdings nur für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen. Zudem wird er nach Alter und Einkommen abgestuft. Für die ersten fünf Jahrgänge gibt es maximal 200 Franken monatlich, dann sinkt er ab. Wer weniger als 220'500 Franken in der Pensionskasse hat – etwa ein Viertel der Versicherten – bekommt den vollen Zuschlag. Ein weiterer Viertel mit bis 441'000 Franken Altersguthaben erhält einen Teilzuschlag. Wer mehr Geld im Rentenkässeli hat, geht leer aus. Gut die Hälfte der Versicherten bekommt also nichts. Finanziert wird der Rentenzuschlag über Lohnabzüge – allerdings begrenzt bis 176'400 Franken.

Flexibler Koordinationsabzug

Vom sogenannten Koordinationsabzug hängt ab, wie hoch der versicherte Lohn ausfällt. Einkommen minus Koordinationsabzug ergibt die versicherte Lohnsumme. Galt bisher ein fixer Abzug von 25'725 Franken, soll dieser neu 20 Prozent des Einkommens betragen. Das BVG-Obligatorium gilt bis 88'200 Franken Einkommen. Der Abzug würde in diesem Fall also 17'640 Franken ausmachen. Unter dem Strich bleibt also ein versicherter Lohn von 70'560 Franken. Auf Letzterem müssten also die Lohnbeiträge bezahlt werden.

Angepasste Altersgutschriften

Die Lohnbeiträge in die Pensionskasse – die sogenannten Altersgutschriften – werden mit der Reform geglättet: Bis im Alter von 44 Jahren beträgt die Altersgutschrift künftig 9 Prozent (bisher 7 bzw. 10 Prozent) auf dem BVG-pflichtigen Lohn. Ab 45 Jahren sind es 14 Prozent (bisher 15 bzw. 18 Prozent). Damit werden die Altersgutschriften gerade bei den älteren Arbeitskräften gesenkt. Das soll ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Die Beiträge sollen wie heute ab 25 Jahren gezahlt werden.

Tiefere Eintrittsschwelle

Um in einer Pensionskasse versichert zu sein, muss man heute bei einem Arbeitgeber mindestens 22'050 Franken jährlich verdienen. Nach einem langen Hin und Her hat sich das Parlament darauf geeinigt, dass die Eintrittsschwelle auf 19'845 Franken sinken soll. Damit würden 70'000 Personen neu in einer Pensionskasse versichert, 30'000 Personen stärker als bisher. Insgesamt betrifft die Senkung 100'000 Arbeitnehmende. (rus)

Es war ein hochfliegendes Reformprojekt von SP-Sozialminister Alain Berset (50): Die Altersvorsorge 2020, mit welcher er AHV und Berufliche Vorsorge (BVG) gleichzeitig reformieren wollte. Doch in der Abstimmung 2017 folgte der Absturz. Mit 52,7 Prozent Nein schickte das Stimmvolk die Rentenreform bachab.

Daraufhin packten Bundesrat und Parlament die beiden Säulen getrennt an. Einen knappen Abstimmungserfolg verbuchte Berset zusammen mit der bürgerlichen Parlamentsmehrheit letztens bei der AHV-Reform, mit welcher eine Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 erfolgte.

Nun ist die Pensionskassen-Reform an der Reihe, die eine bürgerliche Mehrheit im Parlament gegen den Widerstand der Linken durchgebracht hat. Das sind die wichtigsten Eckwerte:

Tieferer Umwandlungssatz

Der Mindestumwandlungssatz im BVG-Obligatorium soll von heute 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent sinken. Das bedeutet: Auf 100'000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr. Das führt zu einer Rentenlücke von rund 12 Prozent.

Rentenzuschlag für Übergangsgeneration

Es ist das eigentliche Herzstück der Vorlage. Die drohende Rentenlücke soll über einen Rentenzuschlag ausgeglichen werden. Allerdings nur für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen. Zudem wird er nach Alter und Einkommen abgestuft. Für die ersten fünf Jahrgänge gibt es maximal 200 Franken monatlich, dann sinkt er ab. Wer weniger als 220'500 Franken in der Pensionskasse hat – etwa ein Viertel der Versicherten – bekommt den vollen Zuschlag. Ein weiterer Viertel mit bis 441'000 Franken Altersguthaben erhält einen Teilzuschlag. Wer mehr Geld im Rentenkässeli hat, geht leer aus. Gut die Hälfte der Versicherten bekommt also nichts. Finanziert wird der Rentenzuschlag über Lohnabzüge – allerdings begrenzt bis 176'400 Franken.

Flexibler Koordinationsabzug

Vom sogenannten Koordinationsabzug hängt ab, wie hoch der versicherte Lohn ausfällt. Einkommen minus Koordinationsabzug ergibt die versicherte Lohnsumme. Galt bisher ein fixer Abzug von 25'725 Franken, soll dieser neu 20 Prozent des Einkommens betragen. Das BVG-Obligatorium gilt bis 88'200 Franken Einkommen. Der Abzug würde in diesem Fall also 17'640 Franken ausmachen. Unter dem Strich bleibt also ein versicherter Lohn von 70'560 Franken. Auf Letzterem müssten also die Lohnbeiträge bezahlt werden.

Angepasste Altersgutschriften

Die Lohnbeiträge in die Pensionskasse – die sogenannten Altersgutschriften – werden mit der Reform geglättet: Bis im Alter von 44 Jahren beträgt die Altersgutschrift künftig 9 Prozent (bisher 7 bzw. 10 Prozent) auf dem BVG-pflichtigen Lohn. Ab 45 Jahren sind es 14 Prozent (bisher 15 bzw. 18 Prozent). Damit werden die Altersgutschriften gerade bei den älteren Arbeitskräften gesenkt. Das soll ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Die Beiträge sollen wie heute ab 25 Jahren gezahlt werden.

Tiefere Eintrittsschwelle

Um in einer Pensionskasse versichert zu sein, muss man heute bei einem Arbeitgeber mindestens 22'050 Franken jährlich verdienen. Nach einem langen Hin und Her hat sich das Parlament darauf geeinigt, dass die Eintrittsschwelle auf 19'845 Franken sinken soll. Damit würden 70'000 Personen neu in einer Pensionskasse versichert, 30'000 Personen stärker als bisher. Insgesamt betrifft die Senkung 100'000 Arbeitnehmende. (rus)

«Wer sich für anständige Renten einsetzt und die Kaufkraft stärken will, unterschreibt unser Referendum», meinte SP-Co-Chefin Mattea Meyer (35) bereits Mitte März nach der Schlussabstimmung im Parlament.

«Die meisten müssen mehr bezahlen»

Am Freitag doppelte sie nach: «Diese Pensionskassen-Vorlage verfehlt alle gesteckten Ziele. Sie führt zu tieferen Einkommen und sinkenden Renten.» Und während die Versicherten die teure Vorlage bezahlten, gehe die Selbstbedienungsmentalität der Finanzindustrie weiter, so Meyer.

Auch die Zürcher Grünen-Nationalrätin und Präsidentin der Gewerkschaft für Angestellte im Service public (VPOD), Katharina Prelicz-Huber (63), moniert, dass die meisten – auch jungen Menschen – nun mehr bezahlen müssten. Und das für tiefere Renten, obwohl die Pensionskassenrenten bereits in den letzten Jahren laufend gesunken seien.

Linke reibt sich bereits die Hände

Damit das Referendum zustande kommt, sind 50'000 Unterschriften nötig. Doch das dürfte für die Linke ein Klacks sein. Sie reibt sich jetzt schon die Hände. Denn nach einer knappen Niederlage bei der AHV-Abstimmung hat sie bei der Pensionskassen-Reform einen Sieg in der Rentenfrage vor Augen.

Mit ein Grund: Das bürgerliche Lager ist gespalten. In der Schlussabstimmung unterstützten zwar FDP, SVP, Mitte und GLP die Vorlage mehrheitlich. Doch die grosse Anzahl an Enthaltungen zeigt im bürgerlichen Lager eine fehlende Euphorie. Auch bei den Bauern und Gewerblern ist die Zurückhaltung gross. (oco)

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