Es ist ein Muster, das sich in Umfragen regelmässig zeigt: Nach den Wählerinnen und Wählern der SVP sind jene der Grünen am impfkritischsten. Manche von ihnen vertrauen lieber auf Naturheilkunde als auf die Wissenschaft – und lassen sich nicht impfen. Auch gegenüber dem Covid-Gesetz zeigten sich die Anhänger der Grünen kritischer als jene von SP, GLP, FDP oder Mitte.
Die Spaltung der Grünen in Massnahmenbefürworter- und kritiker besteht nicht nur an der Basis, sondern auch bei der Parteielite in Bern. Besonders gut sichtbar wurde das diese Woche während der Session in Bern. Grünen-Präsident Balthasar Glättli (49), der seit Beginn der Pandemie einen wissenschaftsnahen Kurs fährt, kritisierte am Dienstag den Bundesrat auf Twitter, wonach dessen Massnahmen «viel zu spät» kämen. «Der Bundesrat muss handeln – auch wenn die Kantone weiter zögern.»
Grüne Parlamentarierinnen weichen ab
Einen Tag zuvor hatten sich allerdings ausgerechnet Glättlis Parteikolleginnen hinter verschlossenen Türen gegen schärfere Corona-Massnahmen ausgesprochen. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, hatten in der Sitzung der nationalrätlichen Gesundheitskommission die drei Vertreterinnen der Grünen – Manuela Weichelt-Picard (54), Katharina Prelicz-Huber (62) und Léonore Porchet (32) – für einen bürgerlichen Abschwächungsantrag gestimmt, der in jedem Fall auf eine Testpflicht für Geimpfte und Genesene verzichten wollte.
Mehr noch: Manuela Weichelt-Picard reichte laut dem «Tages-Anzeiger» gar einen eigenen Antrag ein, in dem sie für Restaurants, Kinos und Theater ein Festhalten an 3G forderte. Also keine zusätzlichen Einschränkungen für die Gastronomie und den Kulturbereich. Das war selbst der bürgerlichen Mehrheit in der Kommission zu lasch.
Glättli: 2G genügt nicht
Auf seine eigensinnigen Kolleginnen angesprochen, sagte Parteichef Glättli, dass er deren Positionierung in der Gesundheitskommission für «überholt» halte. Ein reines 2G-Regime werde nicht genügen. «Wo Maskentragen nicht möglich ist, braucht es zusätzliche Pflichttests – auch für Geimpfte und Genesene.» Später publizierte seine Partei eine Mitteilung, in der sie wirkungsvolle Massnahmen sowie eine Erhöhung der Impfgeschwindigkeit forderte.
Manuela Weichelt-Picard, die den Antrag zur Nicht-Verschärfung der Massnahmen eingereicht hatte, sagte gegenüber dem «Tages-Anzeiger», dass sich die Faktenlage rund um Corona fast täglich ändere. Während der Kommissionssitzung am Montag sei sie der Ansicht gewesen, die obligatorische Einführung von 2G oder 2G-plus sei zu radikal und würde Personen vom Impfen abhalten. Zudem betonte sie, dass sie auch einen Antrag für obligatorische Pooltests in sämtlichen Schulen gestellt habe. Der dann allerdings ebenfalls abgelehnt wurde. (til)